25.10.2024
Georgiens Zukunftsentscheidung Parlamentswahl zwischen EU und Russland

Wahlen in Georgien: Ein Gespräch mit Iwa Pesuaschwili

Die Parlamentswahlen in Georgien stehen bevor und die Stimmung im Land ist angespannt. Wie der Deutschlandfunk berichtet, bewegt die seit zwölf Jahren regierende Partei „Georgischer Traum“ unter Oligarch Bidsina Iwanischwili das Land mit anti-westlicher Rhetorik Richtung Russland. Die kommende Parlamentswahl am 26. Oktober entscheidet über den weiteren Kurs des Landes: Annäherung an den Kreml oder an die EU.

Der georgische Autor Iwa Pesuaschwili, dessen Buch „Der Müllschlucker“ kürzlich im Mitteldeutschen Verlag erschienen ist, beschreibt im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) die Situation im Land als einen "Scheideweg". Er betont die proeuropäische Einstellung der jüngeren Generation, während ältere Nationalisten, die laut Pesuaschwili von russischen Geheimdiensten unterstützt werden, die Sowjetzeit verklären. Wie die Tagesschau berichtet, strebt die Regierungspartei "Georgischer Traum" eine Zweidrittelmehrheit im Parlament an, um die Verfassung zu ändern und die liberale Opposition, die Iwanischwili als "kollektive UNM" bezeichnet, abzuschaffen.

Pesuaschwili schildert im FAZ-Interview die Unsicherheit vieler Georgier über die Zeit nach der Wahl. Er zitiert eine Freundin, die einen Arzttermin für ihre Tochter nach dem Wahltermin ablehnte, da sie, wie viele andere, ihr Leben nicht über dieses Datum hinaus plane. Der 26. Oktober wird als Wendepunkt wahrgenommen, als "vielleicht wichtigster Augenblick in unserer Geschichte", so Pesuaschwili. Er hofft, dass Georgien am 27. Oktober aus dem "Georgischen Albtraum" erwacht und "viel europäischer" sein wird.

Die Regierungspartei hat laut Pesuaschwili den Rückhalt in der Bevölkerung verloren. Er bezweifelt, dass sie sich eine Politik leisten kann, die zu einem Volksaufstand wie dem ukrainischen Maidan führen könnte. Im Kulturbetrieb macht sich der Einfluss der Regierung bemerkbar. Pesuaschwili kritisiert die Besetzung der Leitung des Schriftstellerhauses mit einem Mitglied des „Georgischen Traums“. Rund 140 von 150 Mitgliedern der georgischen Literaturszene boykottieren seither die Institution, wie die FAZ berichtet.

Im Gegensatz zum staatlich finanzierten Schriftstellerhaus, das auf der Frankfurter Buchmesse keinen eigenen Stand organisieren konnte, gelang es unabhängigen georgischen Autoren, darunter auch Pesuaschwili, auch ohne staatliche Förderung auf der Messe präsent zu sein. Sollte der „Georgische Traum“ die Wahl gewinnen, befürchtet Pesuaschwili, dass georgische Autoren ihre Bücher in schwarzen Plastikhüllen anbieten müssten, da sie als "ausländische Agenten" gelten könnten. Er betont die Wichtigkeit der Abwahl der Regierung, um die Isolation Georgiens von der EU zu verhindern. Ohne EU-Perspektive würden Russland, China und andere autoritäre Länder an Einfluss gewinnen, so Pesuaschwili.

Trotz der angespannten Lage zeigt sich Pesuaschwili optimistisch. Er hofft, dass der „Georgische Traum“ das Wahlergebnis akzeptieren und das Land mit einem "Ticket nach Russland" verlassen wird.

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