Hannover – die Stadt, die seit rund 200 Jahren den Ruf genießt, das reinste Hochdeutsch zu beheimaten. Doch dieser Mythos wurde nun durch eine Studie der Leibniz Universität Hannover widerlegt, wie die Zeit am 20. November 2024 berichtete (https://www.zeit.de/news/2024-11/20/studie-widerlegt-mythos-vom-besten-hochdeutsch-in-hannover). Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Projekt „Die Stadtsprache Hannovers“ unter der Leitung von Dr. François Conrad untersuchte die sprachliche Realität in der niedersächsischen Landeshauptstadt und kam zu dem Ergebnis, dass die Sprachpraxis der Hannoveraner vielfältiger und dynamischer ist als angenommen.
100 in Hannover aufgewachsene Personen unterschiedlichen Alters und aus verschiedenen Stadtteilen wurden im Rahmen der Studie getestet und interviewt. Wie die Universität Hannover mitteilte, zeigte sich, dass die Aussprache je nach Situation und Alter variiert. So verwenden ältere Generationen zwar seltener niederdeutsch-basierte Aussprachen wie „Zuch“ für „Zug“, jüngere Menschen hingegen tendieren zu Varianten wie „Keese“ für „Käse“ oder „Füsch“ für „Fisch“.
Die Ergebnisse der Studie belegen, dass auch in Hannover kein „reines“ Hochdeutsch gesprochen wird. As reported by dpa, werden bestimmte Aussprachevarianten, die auf dem Niederdeutschen basieren, immer weniger verwendet. Interessanterweise spielt das Hochdeutsche trotz der sprachlichen Vielfalt für viele Hannoveraner eine wichtige Rolle für ihre regionale Identität. Dies liegt laut den Sprachwissenschaftlern des Deutschen Seminars der Universität Hannover daran, dass neben dem aussterbenden „Hannöversch“ kein anderer Dialekt, wie beispielsweise Plattdeutsch, in der Stadt gesprochen wird. Das „Hannöversch“, eine Mischform aus Niederdeutsch und Hochdeutsch, entstand vor etwa 300 Jahren und zeichnet sich durch Aussprachen wie „Laane“ für „Leine“ aus.
Bereits 2020 hatte das Forschungsteam eine bundesweite Forsa-Umfrage in Auftrag gegeben, in der über 2000 Menschen nach der Region mit dem „besten“ Hochdeutsch gefragt wurden. 24 Prozent der Befragten nannten Hannover oder die Region Hannover, gefolgt von Niedersachsen (14 Prozent) und Nordrhein-Westfalen (6 Prozent). Die aktuelle Studie der Leibniz Universität Hannover stellt diese weitverbreitete Meinung nun auf den Prüfstand und liefert erstmals detaillierte Einblicke in die sprachliche Realität der Stadt.
Die Studie unterstreicht die Komplexität sprachlicher Entwicklungen und räumt mit der Vorstellung eines einheitlichen, „reinen“ Hochdeutschs in Hannover auf. Sie zeigt, dass Sprache einem stetigen Wandel unterliegt und von verschiedenen Faktoren beeinflusst wird.
Quellen:
- https://www.zeit.de/news/2024-11/20/studie-widerlegt-mythos-vom-besten-hochdeutsch-in-hannover (ZEIT ONLINE)
- dpa Niedersachsen
- https://www.uni-hannover.de/de/universitaet/aktuelles/online-aktuell/details/news/zwischen-mythos-und-realitaet-ist-hannover-das-zentrum-des-hochdeutschen (Leibniz Universität Hannover)
- https://www.tagesschau.de/inland/regional/niedersachsen/ndr-studie-hannover-ist-doch-nicht-die-hochdeutsch-hochburg-100.html (tagesschau.de)
- https://www.evangelisch.de/inhalte/236274/19-11-2024/studie-hannoveraner-sprechen-nicht-das-reinste-hochdeutsch (evangelisch.de)
- https://www.uni-hannover.de/de/universitaet/aktuelles/online-aktuell/details/news/mythos-oder-nicht-ist-hannover-das-zentrum-des-hochdeutschen (Leibniz Universität Hannover)
- https://sao.de/panorama/76-jahrige-stirbt-bei-wohnungsbrand-in-hellersdorf-3952589 (sao.de)