19.10.2024
Haushaltsherausforderungen: Lindner sieht fünf Milliarden Euro Lücke

Sommerinterview: Lindner: Lücke im Haushalt noch rund fünf Milliarden Euro

Im Sommerinterview der ZDF-Sendung „Berlin direkt“ äußerte sich Finanzminister Christian Lindner zur aktuellen Situation des Bundeshaushalts für das kommende Jahr. Laut Lindner besteht nach den jüngsten Entwicklungen noch eine Finanzierungslücke von rund fünf Milliarden Euro. Trotz dieser Herausforderung betonte der FDP-Vorsitzende, dass ausreichend Zeit vorhanden sei, um eine tragfähige Lösung zu finden.

Die Verhandlungen über den Haushaltsentwurf sollen bis Mitte des Monats fortgesetzt werden. Im Anschluss wird der Entwurf in den Bundestag eingebracht, wo eine Beschlussfassung bis Ende November angestrebt wird. Ursprünglich hatten die Spitzen der Ampel-Koalition, bestehend aus Lindner, Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne), bereits Anfang Juli eine Einigung zum Haushalt verkündet. Dabei ging es darum, eine Lücke von mindestens 30 Milliarden Euro zu schließen, was ohne drastische Sparmaßnahmen gelingen sollte.

Allerdings hatte Lindner bereits damals Bedenken geäußert und mehrere Vorhaben verfassungsrechtlich sowie wirtschaftlich prüfen lassen. Diese Prüfungen ergaben rechtliche Risiken, insbesondere hinsichtlich des Plans, die übriggebliebenen 4,9 Milliarden Euro der Förderbank KfW für die Gaspreisbremsen anderweitig im Haushalt zu verwenden. Auch die Idee, Darlehen an die Autobahngesellschaft statt Zuschüsse zu zahlen, könnte problematisch sein.

Neue Schulden benötigen neue Überlegungen

In Anbetracht dieser Risiken hat Lindner den Gesprächsbedarf mit seinen Koalitionspartnern angemeldet, was zu Unmut bei der SPD und den Grünen führte. Die Kritiker werfen ihm vor, er würde den Kopf in den Sand stecken, anstatt aktiv nach Lösungen zu suchen. Besonders die SPD erwägt, aufgrund der Auswirkungen des Ukraine-Kriegs eine Notlage zu erklären, um zusätzliche Kredite aufnehmen zu können. Diese Maßnahme ist im Rahmen der Schuldenbremse in Ausnahmefällen erlaubt, wird jedoch von der FDP strikt abgelehnt.

Lindner erläuterte seine Haltung, indem er betonte, dass der Bund lernen müsse, mit seinen Einnahmen von bald einer Billion Euro auszukommen. „Denn für jede Million neue Schulden zahlen die Bürgerinnen und die Bürger doch Zins und Tilgung. Das sind doch keine Geschenke“, sagte er. Zudem verwies er auf die Notwendigkeit, die europäischen Schuldenregeln einzuhalten, da ein vorsätzliches Brechen dieser Regeln eine Einladung an andere europäische Staaten darstellen würde, ebenfalls über ihre Verhältnisse zu leben.

Rote Linien in den Verhandlungen

Für die anstehenden Haushaltsverhandlungen zog Lindner eine klare rote Linie, indem er Steuererhöhungen für die arbeitende Mitte ausschloss. Es gehe ihm nicht um Sparmaßnahmen, sondern darum, die Mittel für die richtigen Zwecke umzuschichten. Diese Position könnte sich als entscheidend erweisen, da sie den Rahmen für die Verhandlungen zwischen den Koalitionspartnern festlegt.

Kritik aus der Opposition

Die Opposition reagierte scharf auf die Unsicherheiten im Haushalt. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder äußerte sich kritisch und sagte: „Die Ampel kann nicht seriös regieren, das Chaos geht weiter.“ Er bezeichnete den Bundeshaushalt als „löchrig wie ein Schweizer Käse“, wobei er auf die Vielzahl offener Fragen und ungedeckter Schecks hinwies.

Der CSU-Haushaltspolitiker Sebastian Brehm sprach von „politischem Pfusch in Serie“ und forderte die Regierung auf, mit den vorhandenen Einnahmen auszukommen. „Bei ernsthaftem Willen kann und muss die Regierung mit den Einnahmen auskommen – erst recht, wenn gleichzeitig noch die Schuldenaufnahme bis zum Anschlag ausgeschöpft wird“, so Brehm.

Zusätzlich brachte der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann die Idee eines Sondervermögens ins Spiel. Dies könnte dazu dienen, dringend benötigte Investitionen in die Infrastruktur zu finanzieren. „Wir brauchen die Möglichkeit, ein Sondervermögen über Kredite aufzubauen, das nur für ganz bestimmte Investitionszwecke verwendet werden darf“, sagte Kretschmann und unterstrich damit die Notwendigkeit einer soliden finanziellen Grundlage für künftige Projekte.

Fazit

Die aktuellen Diskussionen um den Bundeshaushalt verdeutlichen die Herausforderungen, vor denen die Ampel-Koalition steht. Lindners Einschätzung der Lücke von fünf Milliarden Euro zeigt, dass trotz der bereits geleisteten Arbeit noch viel zu tun bleibt, um einen stabilen und verfassungskonformen Haushalt aufzustellen. Die Divergenzen innerhalb der Koalition, insbesondere hinsichtlich der Schuldenaufnahme und der Steuerpolitik, könnten sich als entscheidend für den weiteren Verlauf der Verhandlungen erweisen. Die kommenden Wochen werden zeigen, ob es der Regierung gelingen wird, einen tragfähigen Plan zu entwickeln, der sowohl die finanziellen Vorgaben als auch die politischen Erwartungen erfüllt.

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