September 29, 2024
Herausforderung Wohnraum: Studierende im Kampf um bezahlbare Plätze

Alle Jahre wieder beginnt mit dem Semesterstart auch die fieberhafte Suche nach einer Unterkunft. Wie die Zeit berichtet, gestaltet sich die Lage auf dem süddeutschen Wohnungsmarkt für Studierende auch in diesem Jahr schwierig. Besonders in den beliebten Universitätsstädten übersteigt die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum das Angebot deutlich. Lange Wartelisten für Wohnheimplätze sind die Folge, wie eine aktuelle dpa-Umfrage zeigt.

Zahlreiche Studierende auf der Suche nach einem Zuhause

Obwohl das baden-württembergische Wissenschaftsministerium landesweit über 46.000 Wohnheimplätze zur Verfügung stellt, reicht die Anzahl bei weitem nicht aus, um der großen Nachfrage gerecht zu werden. Mit über 60.000 erwarteten Studienanfängern verschärft sich die Situation zum Wintersemester zusätzlich.

Clemens Metz, Geschäftsführer des Studierendenwerks Freiburg, bringt die Problematik auf den Punkt: „Das Problem ist: Wir haben einfach zu wenig bezahlbaren Wohnraum.“ Besonders in den Universitätsstädten sieht er dringenden Handlungsbedarf und fordert die Politik zum Handeln auf.

Mangel an bezahlbarem Wohnraum

Die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt wird durch den Semesterbeginn zusätzlich verschärft, da viele Studierende gleichzeitig auf Wohnungssuche sind. Wohnheimplätze können zwar Entlastung schaffen, bieten jedoch keine langfristige Lösung, so das Wissenschaftsministerium.

In Karlsruhe stehen beispielsweise nur 4.400 öffentlich geförderte Wohnraumplätze für über 40.000 Studierende zur Verfügung. Die 18 Wohnheime des Studierendenwerks können lediglich bis zu sechs Prozent des Bedarfs decken, wodurch rund 800 Wohnheimplätze fehlen. Die Folge sind lange Wartelisten und ein dringender Bedarf an zusätzlichen Studentenwohnungen.

Ähnlich prekär stellt sich die Situation in anderen Universitätsstädten dar: In Mannheim stehen über 660 Bewerber auf der Warteliste für einen der 3.000 Wohnheimplätze. Auch in Heidelberg und Freiburg übersteigt die Nachfrage mit fast 2.500 beziehungsweise über 5.650 Bewerbern die Anzahl der verfügbaren Wohnheimplätze deutlich.

Studentenwerk Stuttgart mit angespannter Lage

Das Studierendenwerk Stuttgart, welches für die Betreuung von 58.000 Studierenden an 15 Hochschulen zuständig ist, bietet in Stuttgart, Ludwigsburg, Esslingen und Göppingen insgesamt 5.800 Wohnplätze an. Allein an den Standorten Campus Stuttgart und Stuttgart-Vaihingen stehen rund 900 Personen auf der Warteliste.

Kreative Lösungsansätze zur Bekämpfung der Wohnungsnot

Um dem Mangel an bezahlbarem Wohnraum entgegenzuwirken, werden vielerorts kreative Lösungen erprobt. Neben Aufrufen an Privatpersonen, Zimmer an Studierende zu vermieten, werden mancherorts sogar Notunterkünfte bereitgestellt.

Ein besonders innovatives Beispiel bietet der Discounter Aldi Süd in Tübingen, der auf dem Dach einer neuen Filiale Studentenwohnungen errichtet. Darüber hinaus gewinnen Modelle des Mehrgenerationenwohnens wie „Wohnen für Hilfe“ in Städten wie Karlsruhe, Freiburg und Konstanz zunehmend an Bedeutung.

Matthias Anbuhl, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Studierendenwerks (DSW), begrüßt solche Initiativen, betont jedoch, dass diese das strukturelle Problem des Mangels an bezahlbarem Wohnraum nicht lösen können.

Finanzielle Förderung und Neubau von Wohnheimplätzen

Um die Situation nachhaltig zu verbessern, setzt sich Studierendenwerke-Sprecher Metz für eine stärkere finanzielle Förderung des Programms „Junges Wohnen“ ein, im Rahmen dessen der Bund den Ländern Fördergelder für den Bau von Wohnheimplätzen zur Verfügung stellt.

Auch das Studierendenwerk Stuttgart fordert eine verlässliche Förderung für Neubau und Sanierung sowie die Gewährung zinsloser Darlehen für Wohnbauprojekte. Ausreichend bezahlbare Wohnplätze tragen maßgeblich zur Attraktivität einer Hochschulregion bei.

Baden-Württemberg hat im vergangenen Jahr 464 neue Wohnheimplätze geschaffen, weitere 1.000 Plätze befinden sich im Bau oder in Planung. Mit einer Unterbringungsquote von 14,62 Prozent liegt Baden-Württemberg deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 9,61 Prozent. Universitätsstädte wie Freiburg, Heidelberg und Konstanz weisen sogar Quoten von rund 20 Prozent auf.

Wartelisten als ungenauer Indikator für den tatsächlichen Bedarf

Die tatsächliche Anzahl der fehlenden Studentenwohnungen ist schwer zu beziffern. Wartelisten spiegeln den Bedarf nicht immer korrekt wider, da sich viele Studierende an mehreren Hochschulen gleichzeitig bewerben.

Gefahr der sozialen Auslese durch steigende Mietpreise

Angesichts der durchschnittlichen Kosten von 489 Euro im Monat für ein WG-Zimmer an deutschen Hochschulstandorten entscheiden sich viele Studierende für das Pendeln oder bleiben bei ihren Eltern wohnen.

Das Deutsche Studierendenwerk befürchtet, dass steigende Mietpreise zu einer neuen Form der sozialen Auslese führen könnten, bei der nur noch diejenigen studieren können, die sich die hohen Wohnkosten leisten können.

Studienangebot und Ruf der Hochschule als entscheidende Faktoren

Das baden-württembergische Wissenschaftsministerium sieht hingegen keine Anzeichen für eine vermehrte Hochschulwahl am Heimatort. Statistiken zeigen, dass teure Studienstädte wie Heidelberg und Tübingen weiterhin eine hohe Nachfrage verzeichnen. Ausschlaggebend für die Wahl des Studienortes seien vor allem das Studienangebot sowie der Ruf der Hochschule und der Stadt.

Quelle: https://www.zeit.de/news/2024-09/29/studentenbude-gesucht-die-dauernde-not-zum-semesterstart

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