19.10.2024
Herausforderungen und Perspektiven für Fahrschulen in Nordrhein-Westfalen
Fahrschulen in NRW: Nachwuchssorgen und mehr Fahrstunden

Fahrschulen in NRW: Nachwuchssorgen und mehr Fahrstunden

In Nordrhein-Westfalen (NRW) wird der Fachkräftemangel in den Fahrschulen zunehmend spürbar. Kurt Bartels, Vorsitzender des Fahrlehrerverbands Nordrhein, berichtet, dass jede dritte bis vierte Fahrschule aktiv nach Fahrlehrern sucht. Diese Situation führt dazu, dass einige Fahrschulen bereits Schwierigkeiten haben, ihre Kapazitäten zu decken. Die Nachfrage nach Fahrlehrern könnte sich in den kommenden Jahren weiter verschärfen, da viele der aktuell tätigen Fahrlehrer in den Ruhestand gehen.

Steigende Anforderungen an Fahrstunden

Ein weiterer Aspekt, der die Situation kompliziert, ist die Zunahme der benötigten Fahrstunden pro Fahrschüler. Bartels stellt fest, dass die heutigen Fahrschüler im Durchschnitt mehr Fahrstunden benötigen, was den Bedarf an Fahrlehrern zusätzlich erhöht. Auch wenn die Anzahl der Fahrschüler stabil bleibt, könnte der Mangel an Fahrlehrern in den kommenden Jahren spürbar werden, insbesondere wenn die Anmeldezahlen der Fahrschüler sinken.

Demografische Herausforderungen

Die demografische Entwicklung ist ein zentrales Thema in der Diskussion um den Fahrlehrermangel. Das Durchschnittsalter der Fahrlehrer in NRW liegt bei 49 Jahren, während das der Fahrschulinhaber bei 56 Jahren liegt. Mit dem bevorstehenden Ruhestand der sogenannten Babyboomer-Generation wird ein massiver Fahrlehrermangel erwartet. Martin Fellmer, Vorsitzender des Fahrlehrerverbands Westfalen, weist darauf hin, dass der Mangel an Fahrlehrern durch den demografischen Wandel verstärkt wird. Aktuell gibt es zwar noch keine akuten Engpässe, jedoch ist ein rückläufiger Trend im Berufsfeld zu beobachten.

Rückgang der Fahrschulen

Die Anzahl der Fahrschulen in NRW ist ebenfalls rückläufig. Im Jahr 2023 gab es insgesamt 3.704 Fahrschulen, während es 2022 noch 3.816 und 2021 sogar 4.027 Fahrschulen waren. Diese Entwicklung könnte die Rekrutierung neuer Fahrlehrer zusätzlich erschweren, da weniger Fahrschulen auch weniger Ausbildungsplätze für angehende Fahrlehrer bieten.

Herausforderungen bei der Nachwuchsgewinnung

Die Gewinnung von Nachwuchs für den Beruf des Fahrlehrers gestaltet sich zunehmend schwierig. Früher stammten viele neue Fahrlehrer aus Fahrlehrerfamilien, doch dieser Trend hat abgenommen. Fellmer betont, dass insbesondere für die Führerscheinklassen A (Zweiräder) und C (Lkw) immer weniger Ausbilder zur Verfügung stehen. Aktuell sind viele Fahrlehrer in diesen Bereichen älter und der Nachwuchs fehlt.

Überarbeitung der Ausbildungsstruktur

Angesichts des drohenden Mangels wird die Ausbildungsstruktur für Fahrlehrer in den Fokus gerückt. Bartels erklärt, dass der Beruf des Fahrlehrers als Weiterbildungsberuf gilt, wobei das Mindestalter für die Ausbildung bei 21 Jahren liegt. Zudem muss der eigene Führerschein bereits seit drei Jahren im Besitz sein. Eine abgeschlossene Berufsausbildung oder das Abitur sind ebenfalls Voraussetzung.

Um den Beruf attraktiver zu gestalten, setzt sich Bartels dafür ein, die Ausbildungsstruktur zu überdenken. Der Beruf könnte in Zukunft als Ausbildungsberuf anerkannt werden, wodurch die Hürde einer abgeschlossenen Berufsausbildung als Voraussetzung wegfallen könnte. Dies könnte das Interesse an der Fahrlehrerausbildung steigern.

Innovative Ansätze in der Ausbildung

Fellmer sieht ebenfalls die Notwendigkeit, neue Ansätze in der Ausbildung zu entwickeln. Er schlägt vor, jungen Menschen den Beruf des Fahrlehrers bereits früh schmackhaft zu machen. Eine Möglichkeit wäre, dass sie bis zum Erreichen des Mindestalters von 21 Jahren eine Ausbildung im Kfz-Bereich oder eine kaufmännische Ausbildung absolvieren, bevor sie in die Fahrlehrerausbildung einsteigen. Aktuell dauert die berufliche Weiterbildung je nach Fahrzeugklasse mindestens ein Jahr.

Steigende Kosten und mehr Fahrstunden

Die Kosten für die Fahrausbildung steigen nicht nur aufgrund der gestiegenen Preise für Gas, Strom und Sprit, sondern auch, weil Fahrschüler im Durchschnitt mehr Fahrstunden benötigen. Bartels und Fellmer beobachten, dass viele junge Fahrschüler heutzutage weniger Erfahrung im Straßenverkehr haben, da sie oft weniger Zeit mit ihren Eltern im Auto verbringen. Dies führt dazu, dass sie mehr Fahrstunden benötigen, um die erforderlichen Fähigkeiten zu erlernen.

Zusätzlich wird festgestellt, dass das Interesse, den Führerschein schnell zu erlangen, bei vielen Fahrschülern nachgelassen hat. Bartels appelliert an die Fahrschüler, sich intensiver auf die Führerscheinausbildung zu konzentrieren, um diese effizienter zu gestalten. Er betont, dass es durchaus möglich ist, die Ausbildung in einem angemessenen Zeitraum abzuschließen, wenn man sich entsprechend vorbereitet.

Fazit

Die Fahrschulen in Nordrhein-Westfalen sehen sich einer Vielzahl von Herausforderungen gegenüber, die sowohl durch den demografischen Wandel als auch durch den steigenden Bedarf an Fahrstunden bedingt sind. Die Branche muss innovative Wege finden, um den Nachwuchs zu fördern und die Ausbildungsstruktur zu überarbeiten, um auch in Zukunft ausreichend qualifizierte Fahrlehrer zu gewinnen. Die kommenden Jahre werden entscheidend sein, um die Weichen für eine nachhaltige Entwicklung der Fahrschulbranche zu stellen.

Quellen: dpa, Zeit Online

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