7.1.2025
Hochschulbesetzung in Berlin Kontroverse um Polizeieinsatz und Antisemitismusvorwürfe

Proteste an Berliner Hochschule im Kontext des Nahostkonflikts lösen Polizeieinsatz und Ermittlungen aus

Am Montag fand an der Alice-Salomon-Hochschule (ASH) in Berlin-Hellersdorf eine Protestaktion im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt statt. Laut Deutscher Presse-Agentur (dpa) besetzten etwa 50 bis 60 Aktivisten, einige davon vermummt, das Audimax der Hochschule. Sie zeigten unter anderem Banner mit dem Slogan "Free Palestine" und forderten mehr Dialogmöglichkeiten, so ein Sprecher der ASH. Nach Gesprächen mit der Hochschulleitung räumten die Besetzer am Abend friedlich das Gebäude.

Im Anschluss versammelten sich laut Polizeiangaben rund 80 Personen vor dem Hochschulgebäude, um ihre Solidarität mit der Besetzung zu bekunden. Die Polizei war mit etwa 180 Beamten im Einsatz. Sechs Personen wurden vorläufig festgenommen und es wird wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, Beleidigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und versuchter Gefangenenbefreiung ermittelt.

Das Verhalten der Hochschulpräsidentin Bettina Völter während des Einsatzes sorgte für Kritik. Ein Video zeigt, wie sie die Polizei mehrfach zum Verlassen des Hochschulgeländes auffordert und deren Präsenz als "Bedrohung" bezeichnet. Sie habe die Polizei nicht gerufen und ein Eingreifen sei nicht notwendig gewesen. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) kritisierte Völters Aussagen auf der Plattform X scharf. Er halte es für "völlig unverständlich", dass die Hochschulpräsidentin die Polizei und nicht die "vermummten und gewalttätigen Antisemiten, die ihre Hochschule besetzen", als Bedrohung ansehe. Die Beamten hätten "absolut richtig gehandelt" und hätten seine volle Unterstützung. Die Zeit berichtet, dass die Polizei nach der Protestaktion ermittelt.

Laut Polizei wurden auf den Transparenten und Flugblättern der Aktivisten keine strafrechtlich relevanten Inhalte festgestellt. Antisemitische Äußerungen seien nicht bekannt, so ein Polizeisprecher. Eine Person soll jedoch aus einem Fenster den Ausruf "From the river to the sea" gerufen haben. Der vollständige Slogan "Free Palestine – From the river to the sea, Palestine shall be free" gilt als antisemitisch, da er als Aufruf zur Zerstörung Israels und Vertreibung der jüdischen Bevölkerung interpretiert werden kann. Der Tagesspiegel berichtet von Fotos aus dem besetzten Hörsaal, die unter anderem Postkarten mit dem roten Hamas-Dreieck zeigen. Weitere Parolen forderten demnach eine weltweite "Intifada".

Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) betonte die Notwendigkeit der Polizeipräsenz und erklärte, die Polizei sei keine Bedrohung, sondern leiste wichtige Arbeit und schütze die Hochschulen. Das ASH-Präsidium stellte den Studierenden, die das Audimax besetzt hatten, am Dienstag einen Raum für weitere Gespräche zur Verfügung. Ein fortgesetzter Dialog sei jedoch nur unter der Bedingung eines respektvollen und gewaltfreien Miteinanders möglich. Das Präsidium dankte der Polizei für den konstruktiven Austausch. Auf dem Instagram-Kanal "Not in our name ASH" veröffentlichten die Studierenden ihr geplantes Tagesprogramm mit Workshops und Gesprächsrunden. Die Hochschule räumt ein, dass es auch an der ASH antisemitische und rassistische Strukturen gebe, die eine ständige Herausforderung darstellen. Man wolle diesen strukturellen Herausforderungen aktiv, zuhörend und gewaltfrei begegnen und Räume für eine kritische Auseinandersetzung schaffen. Antisemitismus und Äußerungen, die das Existenzrecht Israels infrage stellen, hätten an der Hochschule keinen Platz. Gleichzeitig verurteile man das Leiden der palästinensischen Zivilbevölkerung.

Quellen:

- https://www.zeit.de/news/2025-01/07/polizei-ermittelt-nach-protestaktion-an-berliner-hochschule

- https://www.sueddeutsche.de/politik/nahost-berlin-hochschule-li.3178186

- https://www.tagesspiegel.de/berlin/nahostkonflikt-ermittlungen-und-kritik-nach-protest-an-berliner-hochschule-12975787.html

- https://www.spiegel.de/panorama/bildung/berlin-polizei-ermittelt-nach-antiisraelischer-hoersaalbesetzung-a-9310f598-d1c8-4e9c-ac23-661f2ebcce25

- https://www.sueddeutsche.de/thema/Hochschule

- https://www.stern.de/gesellschaft/regional/berlin-brandenburg/suchaktion--vermisster-journalist---einsatz-ohne-ergebnis-beendet-35361364.html

- https://www.forschung-und-lehre.de/politik/hoersaalbesetzung-an-der-fu-berlin-6117

- https://www.deutschlandfunk.de/polizei-beendet-propalaestinensische-proteste-an-unis-in-berlin-und-leipzig-104.html

- https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ausland/protest-studierende-uni-ermittlungen-israel-100.html

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