Die Anzahl der Meldungen wegen möglicher Kindeswohlgefährdung in Brandenburg hat sich in den letzten Jahren mehr als verdoppelt. Wie die Zeit (Zeit Online, 14.11.2024) unter Berufung auf die dpa berichtet, gab es im Jahr 2009 rund 3.400 Meldungen, während im Jahr 2023 bereits rund 7.700 Meldungen eingingen. Hans Leitner, der ehemalige Leiter der Fachstelle Kinderschutz im Land Brandenburg, bewertet diesen Anstieg positiv. Gegenüber dem Tagesspiegel betonte er, dass die erhöhte Sensibilität des Helfersystems und das frühzeitige Eingreifen in potenziell gefährdende Situationen für Kinder erfreulich seien. Dadurch könne präventiv gehandelt und dort, wo tatsächlich eine Gefährdung droht, frühzeitig eingegriffen werden.
Bemerkenswert ist jedoch, dass die Zahl der tatsächlichen Kindeswohlgefährdungsfälle im gleichen Zeitraum nicht gestiegen ist. Während sich im Jahr 2009 fast 90 Prozent der Meldungen, also rund 3.000 Fälle, als tatsächliche Kindeswohlgefährdungen bestätigten, waren es im Jahr 2023 nur noch rund 35 Prozent der Meldungen, entsprechend 2.800 Fälle. Leitner, der am Freitag in den Ruhestand verabschiedet wurde, unterstreicht die Bedeutung der Sensibilisierung von Fachkräften, Nachbarn und dem gesamten Umfeld von Familien. Nach seiner Aussage ist es besser, einmal umsonst Alarm zu schlagen, als gar nicht.
Der Brandenburger Landtag hat in diesem Jahr ein Gesetz zur Stärkung des Kinder- und Jugendschutzes verabschiedet. Dieses Gesetz zielt darauf ab, Kinder und Jugendliche vor Vernachlässigung, körperlicher und psychischer Misshandlung sowie sexualisierter Gewalt zu schützen. Ein zentraler Bestandteil des Gesetzes ist die bundesweit einmalige Verpflichtung zur Erstellung von Schutzkonzepten für alle Angebote der Kinder- und Jugendhilfe ab dem 1. Januar 2025.
Die Entwicklung der Inobhutnahmen in Brandenburg zeigt ein schwankendes Bild. Wie das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (MBJS) Brandenburg (MBJS Brandenburg, 03.01.2024) mitteilt, wurden im Jahr 2022 insgesamt 2.177 Kinder und Jugendliche in Obhut genommen. Davon waren 826 Kinder unter 14 Jahren. Die häufigsten Gründe für Inobhutnahmen waren dringende Kindeswohlgefährdung (1.160 Fälle) und unbegleitete Einreise aus dem Ausland (774 Fälle). In 243 Fällen erfolgte die Inobhutnahme auf eigenen Wunsch des Kindes oder Jugendlichen. Das MBJS hat eine neue Handlungsempfehlung zur Inobhutnahme veröffentlicht, um die Handlungssicherheit der Fachkräfte zu stärken und die Rechtssicherheit zu erhöhen.
Die Zunahme der Meldungen bei gleichbleibender Fallzahl verdeutlicht die gestiegene Aufmerksamkeit für das Thema Kinderschutz. Obwohl nicht jede Meldung zu einer bestätigten Kindeswohlgefährdung führt, trägt die erhöhte Sensibilität dazu bei, potenziell gefährliche Situationen frühzeitig zu erkennen und präventiv einzugreifen. Die Einführung von Schutzkonzepten in der Kinder- und Jugendhilfe stellt einen weiteren wichtigen Schritt zum Schutz von Kindern und Jugendlichen in Brandenburg dar.
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