October 1, 2024
Kritik an Deutschlands Zukunft: Herausforderungen für Politik und Wirtschaft

Allianz-Chef übt scharfe Kritik am Zustand Deutschlands

Der Vorstandsvorsitzende der Allianz, Oliver Bäte, hat auf dem Berlin Global Dialogue scharfe Kritik am Zustand Deutschlands geübt. Wie die FAZ berichtet, bemängelte er den Verfall der Infrastruktur, die Verschlechterung des Bildungssystems und die hohen Gesundheitsausgaben. „Wir haben in Deutschland die Infrastruktur verfallen lassen, einer Verschlechterung des Bildungssystems zugesehen, und wir haben sehr hohe Ausgaben für Gesundheit“, sagte Bäte. „Das ist viel wichtiger als die Frage, wer nächster Präsident in den USA wird.“

Bäte kritisierte eine zu starke Fokussierung auf vergangene Erfolge und eine Blindheit gegenüber den geopolitischen Risiken der Globalisierung. „Wir waren in Deutschland zu selbstzufrieden“, so Bäte. Er sieht die soziale Kohäsion in Deutschland gefährdet und kritisiert gleichzeitig das Bestreben, die ganze Welt retten zu wollen.

Seine Kritik richtete sich nicht nur an die Politik, auch wenn er bemerkte: „Berlin ist zu weit von vielen Menschen entfernt.“ Auch die Wirtschaft müsse sich hinterfragen, so Bäte. Er kritisierte die Fokussierung einiger Unternehmenslenker auf E-Autos, obwohl die Kunden sich ihre Kaufentscheidungen weder von der Politik noch von der Wirtschaft vorschreiben lassen wollen. Die Unternehmen müssten sich stärker in die Entwicklung des Landes einbringen.

Pragmatismus und Diskussion über China gefordert

Auf dem Podium diskutierte Bäte mit Larry Fink, dem Vorstandsvorsitzenden der Fondsgesellschaft Blackrock. Fink rief zu mehr Pragmatismus im Umgang mit den aktuellen Herausforderungen auf. Wirtschaftliches Wachstum bleibe wichtig, dürfe aber nicht unter den geopolitischen Herausforderungen leiden. Unternehmen müssten ihre Lieferketten überdenken.

„Wenn wir C02 korrekt bepreisen würden, wären viele Lieferketten in der Vergangenheit niemals effizient gewesen“, gab Bäte zu bedenken. Er sieht viele Menschen angesichts der aktuellen Herausforderungen von Veränderungsmüdigkeit geplagt, wodurch sie den falschen Leuten zuhören würden.

Fink sprach sich für mehr Diskussionen über den Umgang mit China aus, auch in der Wirtschaft. China sei der wichtigste Unterstützer Russlands, des größten Feindes Europas. „Wenn ich meinen größten Feind unterstützen würde, würde ich als Vorstandsvorsitzender gefeuert“, sagte Fink. Angesichts der wirtschaftlichen Verflechtungen mit China sei dies ein schwieriges Thema, das aber diskutiert werden müsse.

Sorge um Populismus, Klimawandel und militärische Konflikte

Auf der Konferenz in Berlin sorgte auch eine Befragung von 472 Vorstandsvorsitzenden durch das Schweizer Beratungsunternehmen Egon Zehnder für Gesprächsstoff. Die befragten Führungskräfte zeigten sich besonders besorgt über Populismus und Nationalismus, den Klimawandel und zunehmende militärische Konflikte. Sie erwarten in der kommenden Dekade grundlegende Umbrüche in den Bereichen Technologie, Energie und Wirtschaft. „Die Welt wird daher völlig andere politische und wirtschaftliche Führungspersonen brauchen“, heißt es in der Umfrage.

Führungskräfte sehen sich in der Pflicht

Die befragten Vorstandsvorsitzenden sehen sich selbst in der Pflicht, zur Lösung der kommenden Herausforderungen beizutragen. Den größten und positivsten Einfluss sehen sie in den Bereichen Klimaschutz und Künstliche Intelligenz. „Klimaanpassung ist die Spielwiese für verantwortungsvolle Unternehmen“, sagte ein Befragter.

Im immer wichtiger werdenden Bereich der Geopolitik sowie bei Fragen der sozialen Ungleichheit sehen die Vorstandsvorsitzenden dagegen nur wenig Einflussmöglichkeiten. Für die eigene Führungstätigkeit sehen die Chefs in Zeiten wachsender globaler Unsicherheiten das Anwerben von talentierten Mitarbeitern und die Integration von Künstlicher Intelligenz als größte Herausforderungen.

Quelle: FAZ.NET

Weitere
Artikel