19.10.2024
Sachsen 2024: Ein politisches Beben steht bevor

Landtagswahl in Sachsen 2024: Hält die Brandmauer im Freistaat?

Die bevorstehenden Landtagswahlen in Sachsen, die am 1. September 2024 stattfinden, versprechen ein politisches Erdbeben im Freistaat. Die Umfragen deuten auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der CDU und der AfD hin, wobei die Frage im Raum steht: Hält die Brandmauer zur AfD?

Aktuelle politische Landschaft in Sachsen

Die CDU, unter der Führung von Ministerpräsident Michael Kretschmer, regiert derzeit in einer Koalition mit den Grünen und der SPD. Diese sogenannte Kenia-Koalition wurde nach der letzten Landtagswahl 2019 gebildet, bei der die CDU 32,1 Prozent, die AfD 27,5 Prozent, die Linke 10,4 Prozent, die Grünen 8,6 Prozent und die SPD 7,7 Prozent der Stimmen erhielten. Die FDP verpasste den Einzug in den Landtag mit 4,5 Prozent.

Jedoch haben sich seitdem die politischen Landschaften verändert. Die AfD hat in den letzten Jahren erheblich an Boden gewonnen und könnte laut aktuellen Umfragen zur stärksten Kraft im Landtag aufsteigen. Die CDU steht nun vor der Herausforderung, ihre Regierungskoalition zu verteidigen und gleichzeitig ihre Position zur AfD klar zu definieren.

Die Spitzenkandidaten

Michael Kretschmer, der 49-jährige Ministerpräsident und Spitzenkandidat der CDU, steht im Zentrum des Wahlkampfs. Kretschmer, der seit 2017 Ministerpräsident ist, betont seine Erfolge in der Landespolitik, wie die Einführung der Landarztquote und die Ansiedlung von Unternehmen. Kretschmer hat zudem klare Positionen zur Migration und lehnt Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan ab.

Auf der anderen Seite steht Jörg Urban, der Spitzenkandidat der AfD. Urban, ein 60-jähriger Wasserbauingenieur aus Meißen, führt den sächsischen Landesverband der AfD, der vom Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft wird. Urban fordert unter anderem die Auszahlung von 5.000 Euro für jedes Neugeborene, vorausgesetzt die Eltern sind deutsche Staatsbürger und leben seit mehr als zehn Jahren in Sachsen.

Für die Grünen tritt ein Trio an: Katja Meier, Wolfram Günther und Franziska Schubert. Meier ist derzeit Staatsministerin für Justiz, Günther ist Staatsminister für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft, und Schubert ist Fraktionsvorsitzende der Grünen im sächsischen Landtag.

Die SPD schickt Petra Köpping ins Rennen, die seit 2019 Staatsministerin für Soziales und gesellschaftlichen Zusammenhalt ist. Köpping betont den Dialog, zieht jedoch klare Grenzen: „Mit Nazis rede ich nicht.“

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) wird von Sabine Zimmermann angeführt, einer ehemaligen Bundestagsabgeordneten der Linken. Zimmermann setzt auf die Strahlkraft von Sahra Wagenknecht, die zwar selbst nicht kandidiert, aber die Partei nach außen repräsentiert.

Für die FDP tritt Robert Malorny an, der seit Jahren im Dresdner Stadtrat aktiv ist. Die FDP kämpft um den Wiedereinzug in den Landtag, nachdem sie 2019 die Fünf-Prozent-Hürde verfehlte.

Susanne Schaper ist die Spitzenkandidatin der Linken. Die 46-jährige Krankenschwester engagiert sich seit Jahren gegen Rechtsextremismus und ist für ihre klare Haltung bekannt.

Die Wahlthemen

Im Mittelpunkt des Wahlkampfs steht das Thema Migration. Michael Kretschmer fordert, dass der Bund alle Aufnahmeprogramme stoppen solle und Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan möglich sein müssten. Dies solle eine Signalwirkung ins Ausland und für die Bevölkerung haben.

Die AfD setzt auf drastische Maßnahmen, wie die Auszahlung von 5.000 Euro für jedes Neugeborene unter bestimmten Voraussetzungen und schärfere Sanktionsmöglichkeiten gegen Leistungsbezieher. Zudem fordert die AfD einen Corona-Untersuchungsausschuss und spricht sich gegen weitere Waffenlieferungen an die Ukraine aus.

Das BSW fordert ähnliche Maßnahmen wie die AfD und setzt auf weniger Asyl-Zuwanderung und mehr Abschiebungen. Zudem sollen Smartphones und Tablets bis zur sechsten Klasse im Unterricht verboten werden.

Die Grünen setzen auf Umweltschutz und Klimapolitik, während die SPD soziale Gerechtigkeit und gesellschaftlichen Zusammenhalt betont. Die Linke fokussiert sich auf Sozial- und Gesundheitspolitik sowie den Tierschutz.

Umfrageergebnisse und mögliche Koalitionen

Laut dem ZDF-Politbarometer vom 9. August 2024 liegt die CDU mit 34 Prozent vor der AfD, die auf 30 Prozent kommt. Das BSW erreicht 11 Prozent, Grüne und SPD jeweils 6 Prozent. Die Linke würde mit 4 Prozent den Einzug in den Landtag verpassen.

Eine Fortsetzung der aktuellen Koalition aus CDU, Grünen und SPD ist möglich, wenn Grüne und SPD den Einzug in den Landtag schaffen. Eine Koalition mit der AfD schließt die CDU per Parteitagsbeschluss aus. Das BSW schließt ebenfalls eine Koalition mit der AfD aus, zeigt sich jedoch offen für eine Zusammenarbeit mit der CDU.

Die Brandmauer zur AfD

Michael Kretschmer hat mehrfach betont, dass es keine Zusammenarbeit mit der AfD geben wird. Die AfD wird vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft, und Kretschmer sieht in einer Koalition mit der AfD eine Gefahr für die Demokratie. Die CDU-Basis zeigt sich jedoch gespalten. Eine Umfrage des „Redaktionsnetzwerks Deutschland“ ergab, dass 45 Prozent der befragten CDU-Mitglieder für eine Zusammenarbeit mit der AfD offen sind.

Die AfD selbst strebt eine absolute Mehrheit an, um ohne Koalitionspartner regieren zu können. Jörg Urban zeigt sich optimistisch und verweist auf die Möglichkeit, dass 40 Prozent der Stimmen für eine Mehrheit ausreichen könnten, wenn genug andere Parteien an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern.

Fazit

Die Landtagswahl in Sachsen 2024 verspricht spannend zu werden. Die Frage, ob die Brandmauer zur AfD hält, wird die politische Landschaft im Freistaat nachhaltig beeinflussen. Während die CDU auf ihre Erfolge und eine klare Abgrenzung zur AfD setzt, gewinnt die AfD weiter an Boden. Das Ergebnis der Wahl wird nicht nur für Sachsen, sondern auch für die bundespolitische Landschaft von großer Bedeutung sein.

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