October 3, 2024
Leipzigs Herausforderungen auf dem Weg zur europäischen Spitze

RB-SPORTIMPERIUM: Leipzig bekommt Druck aus der Konzernzentrale

Oliver Mintzlaff formuliert vor dem Spiel die Erwartungshaltung an RB Leipzig. Das turbulente, kuriose und am Ende auch ziemlich schmerzhafte Duell mit Juventus Turin wirft ein paar frische Fragen auf.

Der Mann mit der kleinen Reisetasche in der Hand schaute nicht nach rechts und nicht nach links. Geradewegs steuerte er die verschlossene Tür an – zwei energische Klopfzeichen, die nach innen Dringlichkeit signalisierten, und er verschwand in den Kabinentrakt des Leipziger Stadions. Dass Oliver Mintzlaff schlechte Laune haben musste, konnte sich jeder vorstellen. Wie schlecht sie war, blieb allerdings Leipziger Betriebsgeheimnis am Mittwochabend.

Mintzlaff, Aufsichtsratschef des Fußball-Bundesligaklubs, hatte kurz zuvor miterlebt, wie die Mannschaft von Trainer Marco Rose eine 2:0-Führung und die riesige Chance auf den ersten Sieg in der Champions League leichtfertig verspielte. 2:3 (1:0) hieß es am Ende gegen Juventus Turin – die zweite Niederlage im zweiten Spiel. Null Punkte, letzter Platz in der Gruppe A. „Er war natürlich auch enttäuscht, so wie wir alle“, berichtete Rose später über Mintzlaffs Kurzbesuch in der Kabine. Viel mehr gab es zu diesem Zeitpunkt öffentlich nicht zu erfahren.

Dabei hatte Mintzlaff erst vor wenigen Tagen in einem Interview mit dem „Kicker“ für Aufsehen gesorgt, als er über die Leipziger Ansprüche sprach – oder besser: über die nicht erfüllten. „Wir waren leider noch nie da, wenn die Lücke aufging“, sagte er da. Gemeint war die Lücke, die sich bei den Bayern in den vergangenen Jahren immer mal wieder auftat, wenn die Dortmunder schwächelten. Doch RB war nie in der Lage, diese Schwäche auszunutzen. „Wir müssen uns alle hinterfragen, ob wir in den vergangenen Jahren alles richtig gemacht haben“, sagte Mintzlaff.

Worte, die in Leipzig für große Unruhe sorgten. Denn natürlich richteten sich diese Worte in erster Linie an Trainer Rose, der seit September 2022 im Amt ist. Rose reagierte zunächst zurückhaltend, betonte aber auch, dass er Mintzlaffs Aussagen nicht als Kritik an seiner Arbeit verstanden habe. „Ich habe keine Lücke für uns gesehen“, sagte er. Vor dem Spiel gegen Juventus tranken die beiden dann gemeinsam Kaffee am Trainingszentrum. „Der Kaffee am Mittag war megawarm und angenehm. Und das Gespräch auch“, sagte Rose später.

Doch die Niederlage gegen Turin dürfte die Stimmung in Leipzig nicht verbessert haben. Denn sie war symptomatisch für die Probleme, die RB in den vergangenen Jahren immer wieder hatte. Die Mannschaft ist gespickt mit hochveranlagten Spielern, doch die Konstanz fehlt. Immer wieder schleichen sich individuelle Fehler ein, die zu Gegentoren führen. „Bei dem Niveau müssen wir bis zum Schluss alles richtig machen, das haben wir heute nicht geschafft“, sagte Sportdirektor Rouven Schröder.

Rose versuchte, seine Spieler in Schutz zu nehmen. „Ich will meine Jungs nicht an den Pranger stellen“, sagte er. „Sie sind schon alle am rechten Fleck, auch wenn sie noch nicht alles auf den Platz bringen.“ Doch die Zeit drängt. In der Champions League droht das vorzeitige Aus, und auch in der Bundesliga ist der Rückstand auf die Bayern bereits auf fünf Punkte angewachsen.

Mintzlaff wird die Entwicklung in Leipzig genau beobachten. Er hat große Ambitionen mit RB, will den Klub in der Spitze des europäischen Fußballs etablieren. Doch dafür muss sich die Mannschaft steigern. Sonst dürfte es eng werden für Rose. Quelle: dpa „RB-SPORTIMPERIUM: Leipzig bekommt Druck aus der Konzernzentrale“, FAZ, 03.10.2024

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