Alexander Lukaschenko, seit über 30 Jahren an der Macht, stellt sich in Belarus erneut zur Wahl. Wie die Zeit berichtet, fand am Sonntag die siebte Präsidentschaftswahl unter seiner Führung statt. Die Wahl wird international als Farce kritisiert, wie unter anderem die dpa meldet (via Zeit und RNZ). Lukaschenko selbst gab sich bei der Stimmabgabe in Minsk selbstbewusst und erklärte, die Anerkennung der Wahl durch die EU sei ihm „völlig schnuppe“, wie die RNZ aus dpa-Meldungen zitiert. Er betonte, er regiere für das belarussische Volk und werde so lange an der Macht bleiben, wie sein Umfeld ihn trage. Gleichzeitig zeigte er sich bereit, die Macht an eine jüngere Generation abzugeben, sobald ein geeigneter Kandidat gefunden sei.
Die Wahlleitung gab die Wahlbeteiligung am Nachmittag mit 75,49 Prozent an – ein höherer Wert als bei der Wahl 2020, wie die Zeit berichtet. Rund 6,9 Millionen Wahlberechtigte waren zur Stimmabgabe aufgerufen. Es galt als sicher, dass Lukaschenko, oft als „letzter Diktator Europas“ bezeichnet, sich erneut zum Sieger erklären lassen würde. Die vier Mitbewerber gelten als Statisten, wie die Zeit und die RNZ übereinstimmend berichten.
Die Zeit erinnert daran, dass Lukaschenko bei der Wahl 2020 von der Wahlkommission 80,1 Prozent der Stimmen zugesprochen wurden, was zu Massenprotesten führte, die mit russischer Hilfe gewaltsam niedergeschlagen wurden. Schätzungen der Vereinten Nationen zufolge haben seitdem 300.000 Menschen Belarus verlassen. Wie die Zeit weiter ausführt, kritisieren Menschenrechtler, dass derzeit mehr als 1.200 politische Gefangene in Belarus inhaftiert sind. Belarus ist zudem das letzte Land in Europa, in dem die Todesstrafe noch vollstreckt wird.
Die Opposition im Exil zeigte sich uneins im Umgang mit der Wahl. Teile riefen zum Boykott auf, andere zur Nutzung der Option „gegen alle“ auf dem Wahlzettel. Das Lager um Swetlana Tichanowskaja, die 2020 nach Meinung vieler die Wahl gewonnen hatte, forderte die internationale Gemeinschaft auf, weder die Wahl noch Lukaschenko als Präsidenten anzuerkennen, so die Zeit. Belarus ist aufgrund politischer Repressionen und der Unterstützung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine mit westlichen Sanktionen belegt.
Vor der Wahl begnadigte Lukaschenko wiederholt politische Gefangene, über 200 insgesamt. Experten vermuten dahinter die Hoffnung auf einen wiederaufgenommenen Dialog mit dem Westen. Bei einer Pressekonferenz in Minsk bekräftigte er seine Bereitschaft zum Kontakt, wie die Zeit berichtet. Radio RST meldet, dass Lukaschenko behauptete, niemanden aus dem Land gejagt zu haben, und dass einige seiner Gegner das Gefängnis, andere das Exil gewählt hätten.
Der Politologe Waleri Karbalewitsch, der im Exil lebt, beschreibt Belarus als ein Land in Angst. Er berichtet der dpa (via Zeit), dass Lukaschenkos Apparat neue Proteste fürchte und bereits vor der Wahl Unterstützerunterschriften habe sammeln lassen. Karbalewitsch sieht in der Wahl im Winter, entgegen dem regulären Termin im Sommer, den Versuch Lukaschenkos, sich angesichts einer gewissen Konsolidierung der Gesellschaft und seiner Selbstdarstellung als Garant für Frieden und Stabilität neu zu legitimieren.
Karbalewitsch erwartet, dass Lukaschenko bis an sein Lebensende an der Macht bleiben will. Die Chancen dafür stünden nicht schlecht, da Belarus durch die enge Bindung an Russland von günstigen Gas- und Ölpreisen sowie dem atomaren Schutzschirm profitiere. Der Preis für Lukaschenkos Machterhalt sei jedoch eine zunehmende Abhängigkeit von Russland, so Karbalewitsch gegenüber der dpa (via Zeit).
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