Übergriffe auf KZ-Gedenkstätten in Deutschland sind ein zunehmendes Problem. Wie die Zeit unter Berufung auf eine Meldung der dpa berichtete, sind Schmierereien, Beschädigungen und andere Übergriffe mittlerweile Alltag. Oliver von Wrochem, Leiter der KZ-Gedenkstätte Neuengamme und Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der KZ-Gedenkstätten in Deutschland, äußerte sich besorgt über diese Entwicklung. Er sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, dass die Frage immer drängender werde, ob Gedenkstätten weiterhin offene Orte sein können, ohne hermetisch abgeriegelt zu werden.
Wie der MDR ebenfalls berichtete, bestätigte von Wrochem, dass die Täter häufig dem rechten Spektrum zuzuordnen sind. „Menschen mit rechter Gesinnung scheuen sich nicht länger, KZ-Gedenkstätten zu besuchen und hier offen rechtsextremistisches Gedankengut zu äußern.“ Viele Einrichtungen haben darauf mit verschärften Hausordnungen reagiert: Personen, die verbotene Symbole tragen oder sich antisemitisch oder geschichtsrevisionistisch äußern, werden des Geländes verwiesen.
Laut Tagesschau sieht von Wrochem einen Zusammenhang zwischen der Zunahme der Übergriffe und den Wahlerfolgen der AfD. Er befürchtet, dass der gesellschaftliche Konsens, rechtsextreme und antisemitische Haltungen abzulehnen, ins Wanken gerät. Die Tagesschau berichtete zudem von einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung, die eine erhöhte Empfänglichkeit für rechtsextreme und demokratiefeindliche Einstellungen in der deutschen Bevölkerung feststellt.
Der Deutschlandfunk berichtete über eine exklusive Auswertung von Daten des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes in Fällen politisch motivierter Kriminalität (KPMD-PMK). Demnach gab es seit 2019 mehr als 1700 Fälle politisch motivierter Kriminalität an deutschen Gedenkstätten, wobei der Großteil als rechtsmotiviert eingestuft wurde. Die häufigsten Delikte sind Sachbeschädigung, Verstöße gegen das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Volksverhetzung. Die Aufklärungsquote liegt jedoch bei lediglich 9,32 Prozent.
Die Größe der Gedenkstätte Neuengamme, die 57 Hektar umfasst, macht eine komplette Einzäunung als Schutzmaßnahme schwierig. Von Wrochem schilderte gegenüber der dpa, dass Anzeigen bei der Polizei in der Regel ergebnislos bleiben: „Mir ist kein aktuelles Beispiel bekannt, wo Ermittlungen nicht eingestellt worden wären. Das ist unsere nüchterne Realität.“
Verwendete Quellen:
https://www.zeit.de/news/2025-01/25/leiter-von-kz-gedenkstaette-uebergriffe-sind-alltag
https://www.tagesschau.de/inland/rechtsextreme-bedrohung-kz-gedenkstaetten-102.html
https://www.deutschlandfunk.de/ns-gedenkstaetten-angriffe-rechtsextremismus-erinnerungskultur-100.html
https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/gesellschaft/anstieg-angriffe-kz-gedenkstaetten-100.html