Der Einzug islamistischer Rebellen in Damaskus besiegelt das Ende der Assad-Ära in Syrien. Teile der Bevölkerung feiern den Sturz des langjährigen Machthabers, gleichzeitig herrscht jedoch große Verunsicherung über die weitere Entwicklung. Berichte über Plünderungen und die Freilassung von Gefangenen verdeutlichen die chaotische Situation.
Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) berichtet, wurden der Präsidentenpalast und Assads Privatresidenz unmittelbar nach seiner Flucht aus Damaskus von Einwohnern geplündert. Zuvor hatten Rebellen die Gebäude gestürmt und Freudenschüsse abgegeben. Die in den sozialen Medien zirkulierenden Bilder der Plünderungen zeigen den luxuriösen Lebensstil Assads, der im starken Kontrast zum Leid großer Teile der syrischen Bevölkerung unter seiner Herrschaft steht.
Die Islamisten, angeführt von der Miliz Hay’at Tahrir al-Scham (HTS), haben landesweit Gefängnisse geöffnet und die Insassen freigelassen. Darunter befinden sich auch Gefangene aus dem berüchtigten Sednaja-Gefängnis nördlich von Damaskus, in dem laut Menschenrechtsorganisationen über Jahre hinweg systematisch gefoltert und hingerichtet wurde. Der stern berichtet über die verzweifelte Suche von Angehörigen nach ihren vermissten Familienmitgliedern, die in den Gefängnissen des Assad-Regimes verschwunden sind. Rettungskräfte, darunter die Weißhelme, suchen mit Spezialisten und Suchhunden nach möglicherweise noch Eingeschlossenen.
Trotz der chaotischen Szenen wirkt der Einmarsch der Islamisten in Damaskus laut Beobachtern relativ geordnet. Dies deutet laut F.A.Z. auf eine zuvor ausgehandelte Machtübergabe hin. HTS-Anführer Dschulani hatte bereits am Sonntag angekündigt, dass Assads Ministerpräsident Muhammad Ghazi al-Dschalali im Amt bleiben und die staatlichen Institutionen weiterführen solle. Al-Dschalali versprach in einem Interview mit Al Arabiya freie Wahlen und betonte, die Aufrechterhaltung der staatlichen Versorgung der syrischen Bevölkerung habe oberste Priorität. Die Süddeutsche Zeitung (SZ) beschreibt eine angespannte Ruhe in Damaskus. Viele Einwohner befürchten jedoch neue Machtkämpfe zwischen den verschiedenen Rebellengruppen.
Die Augsburger Allgemeine berichtet, dass Dschulani nach der Einnahme von Damaskus eine Ausgangssperre verhängt und sogar Freudenschüsse verboten hat, um die Bevölkerung zu beruhigen. Er verspricht eine Regierung für alle Syrer, einschließlich Christen, Kurden und anderer Minderheiten. Dschulani, der einst der Terrorgruppe Al-Kaida angehörte, inszeniert sich nun als gemäßigter Anführer. Seine Vergangenheit wirft jedoch Fragen nach der zukünftigen politischen Ausrichtung Syriens auf.
Vodafone live meldet, dass Russland seine Militärbasen in Syrien vorerst behalten will. Auch die USA beabsichtigen, ihre Truppen im Land zu belassen. Israel hat Soldaten in die Pufferzone auf den Golanhöhen entsandt und Luftangriffe im Raum Damaskus durchgeführt. Die internationale Gemeinschaft beobachtet die Entwicklungen in Syrien mit Besorgnis und fordert die Einhaltung der Menschenrechte.
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