Nordrhein-Westfalen plant, die Personalvorgaben in Kindertagesstätten zu lockern, um auf akute Personalausfälle, insbesondere im Winter, reagieren zu können. Wie die "Zeit" am 21. November 2024 berichtete, sieht ein Entwurf der neuen Personalverordnung vor, dass Kitas auch dann geöffnet bleiben können, wenn der Personalschlüssel deutlich unterschritten wird. So soll in Einrichtungen mit bis zu 60 Kindern für einen Zeitraum von bis zu sechs Wochen nur noch eine sozialpädagogische Fachkraft anwesend sein müssen, wenn akuter Personalmangel herrscht. Dieser reduzierte Personalschlüssel muss jedoch mit einem verstärkten Einsatz von Ergänzungskräften wie Kinderpflegern, Sozialassistenten oder Heilerziehungspflegern einhergehen.
Für größere Einrichtungen mit über 60 Kindern sowie für Gruppen mit Kindern unter drei Jahren oder Kindern mit Behinderung ist weiterhin mindestens eine zusätzliche Fachkraft vorgeschrieben. Die Genehmigung für den Betrieb unter diesen Ausnahmeregeln muss vom Träger in Abstimmung mit dem örtlichen Jugendamt beim Landesjugendamt beantragt werden und wird in der Regel nur einmal pro Kindergartenjahr und Einrichtung erteilt. Familienministerin Josefine Paul (Grüne) betonte gegenüber der dpa, dass diese Änderungen eine Flexibilisierung in akuten Ausfallsituationen ermöglichen sollen und so mehr Stabilität und Verlässlichkeit für Eltern, Träger und Beschäftigte geschaffen werde. Die "Rheinische Post" hatte zuvor über die geplanten Änderungen berichtet.
Neben der Flexibilisierung des Personalschlüssels sieht der Entwurf auch Erleichterungen für die Einstellung von Personal mit ausländischen Abschlüssen vor. So sollen Bewerber bereits mit Sprachniveau B1 eingestellt werden können und haben dann zwei Jahre Zeit, das Niveau B2 zu erreichen. Zusätzlich sollen sogenannte profilrelevante Kräfte wie Musiker, Handwerker oder Gärtner nach entsprechenden Schulungen die pädagogische Arbeit unterstützen und so das Fachpersonal entlasten.
Die Freie Wohlfahrtspflege NRW, die nach eigenen Angaben etwa 80 Prozent der Kitas in NRW vertritt, unterstützt die geplanten Änderungen. Der Vorsitzende des Arbeitsausschusses Tageseinrichtungen für Kinder, Stephan Jentgens, betonte gegenüber der dpa, dass die Ausnahmen notwendig seien, um Notlagen abzuwenden. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) NRW sieht die Lockerungen kritisch und warnt davor, den Einsatz von Ergänzungskräften zu einem Dauerzustand werden zu lassen. Auch die SPD kritisiert die Pläne scharf und spricht von "Parkhäusern" statt Kitas. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) NRW sieht die Qualität der frühkindlichen Bildung und die Aufsichtspflicht gefährdet und fordert die Landesregierung auf, die geplanten Änderungen zu überdenken.
Während in Halle (Westfalen) die Kita-Krise zu einem unerwarteten Überangebot an Plätzen führt, da Eltern ihre Kinder vermehrt zuhause betreuen (Westfalen-Blatt, 21.11.2024), bleiben die Herausforderungen im Bereich der Kinderbetreuung in anderen Teilen von NRW bestehen. Die Debatte um die Lockerung der Personalvorgaben zeigt die Spannungen zwischen dem Bedarf an flexiblen Lösungen und dem Anspruch an eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung.
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