19.10.2024
Nostalgie und Ernüchterung: Fritz Umgelters Fernsehepos im Rückblick

Wiedersehen tut weh: Fritz Umgelters Dreiteiler „Der Winter, der ein Sommer war“

Fritz Umgelters Dreiteiler „Der Winter, der ein Sommer war“ wurde 1976 im Vorweihnachtsprogramm der ARD ausgestrahlt und hat sich seitdem zu einem nostalgischen Rückblick auf eine Ära des Fernsehens entwickelt, die von einer anderen Art der Unterhaltung geprägt war. Nach fast fünf Jahrzehnten wird die Großproduktion von Zuschauern und Kritikern mit einer Mischung aus Wehmut und Ernüchterung betrachtet.

Zu den prominenten Schauspielern der damaligen Zeit gehörten Namen wie Christian Quadflieg, Günter Strack, Sigmar Solbach und Anneliese Uhlig. In einer Zeit, in der das Fernsehen die Königin der audiovisuellen Medien war und die Zuschauer nur drei Programme zur Auswahl hatten, war Umgelter der unangefochtene König der Mehrteiler. Die Einschaltquoten seiner Produktionen erreichten oft Werte von fünfzig bis sechzig Prozent, insbesondere während der Feiertage, wenn das Erste Programm spezielle Mehrteiler zur besten Sendezeit ausstrahlte.

Umgelters Karriere begann als Schauspieler und Theaterregisseur, bevor er 1953 zum Hessischen Rundfunk wechselte. Sein Durchbruch gelang ihm mit dem Fernseh-Sechsteiler „So weit die Füße tragen“, der die Geschichte eines deutschen Kriegsgefangenen erzählt, der sich durch Sibirien bis in den Iran kämpft. Diese Produktion wurde zum Straßenfeger des Jahres 1959 und stellte Umgelters Schlüsselerlebnis dar, das seine Karriere maßgeblich beeinflusste.

In den folgenden Jahren folgten weitere bedeutende Werke wie „Am grünen Strand der Spree“ und „Wer einmal aus dem Blechnapf frisst“, die die deutsche Vorkriegs- und Nachkriegsseele thematisierten. Insbesondere die Verfilmung von Manès Sperbers „Wie eine Träne im Ozean“ wird oft als zu Unrecht vergessen betrachtet. In den 1970er Jahren änderte sich jedoch die Stimmung in den Sendern und bei den Zuschauern. Neben sozialkritischen Themen wuchs das Interesse an historischen Erzählungen und Abenteuern in Uniform. Umgelters Meisterstück in diesem Genre war die „Merkwürdige Lebensgeschichte des Friedrich Freiherrn von der Trenck“, die 1973 ausgestrahlt wurde und eine Liebesgeschichte im Kontext des Siebenjährigen Krieges erzählt.

„Der Winter, der ein Sommer war“ basiert auf dem Roman von Sandra Paretti und wurde als Abschluss von Umgelters Schaffen betrachtet. Die Produktion erstreckte sich über knapp sechs Stunden und wurde in drei Teilen zu Weihnachten 1976 ausgestrahlt. Die Eröffnungssequenz zeigt ein Bühnenbild aus bemalter Leinwand, begleitet von einem Orchester und einer Sopranistin, die eine zentrale Rolle in der Handlung spielt. Günter Strack verkörpert den Landgrafen von Hessen-Kassel, der mit seiner Unzufriedenheit über die Umstände konfrontiert wird.

Die Handlung dreht sich um den Verkauf hessischer Soldaten an die Briten für den Einsatz im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg. Dabei werden auch die moralischen und sozialen Kosten des absolutistischen Staates thematisiert. Ein desertierter Offizier wird von berittenen Bauern gejagt, während ein Großgrundbesitzer für seine Adelung in harter Währung bezahlt. Die komplexen Beziehungen zwischen den Charakteren, einschließlich einer Adelstochter und Claus von Haynau, spielen eine zentrale Rolle in der Erzählung.

Die Dreiteiler wurde in acht Wochen in Oberhessen und an der österreichischen Donau gedreht, wobei historische Kulissen wie Schlösser in Kassel und Weilburg genutzt wurden. Trotz der beeindruckenden Kulissen und der ambitionierten Inszenierung wird das Wiedersehen mit „Der Winter, der ein Sommer war“ von vielen als schmerzhaft empfunden. Die technischen Mängel in Ton und Beleuchtung sowie die oft hölzern wirkenden Dialoge und die vorhersehbare Erzählweise lassen die Produktion im Vergleich zu Umgelters früheren Werken abgenutzt erscheinen.

Die Nostalgie, die die ersten Bilder aus dem Barocktheater auslösen, wandelt sich im Verlauf der sechs Stunden in Ernüchterung. Die Schauspieler, die einst als Könige des Fernsehens galten, wirken in der Rückschau oft weniger beeindruckend. Insbesondere die Darstellung von Sigmar Solbach und Christian Quadflieg wird von vielen als weniger eindrucksvoll wahrgenommen, als sie es in der Erinnerung waren. Dennoch gibt es auch positive Ausnahmen, wie die beeindruckende Leistung von Anneliese Uhlig und Hans Caninenberg, die als Ehepaar Haynau in ihrer Darstellung überzeugen.

Die Zeit der vorweihnachtlichen Mehrteiler, die einst ein fester Bestandteil des deutschen Fernsehens waren, ist längst vorbei. Viele der Schauspieler, die in „Der Winter, der ein Sommer war“ mitwirkten, sind mittlerweile verstorben. Fritz Umgelter selbst starb 1981 im Alter von nur neunundfünfzig Jahren, nachdem er noch die erste Staffel des „Traumschiffs“ produziert hatte. Der Verlust dieser Ära des Fernsehens wird von vielen als schmerzlich empfunden, da sie eine Zeit repräsentiert, in der das Medium Fernsehen eine andere Bedeutung hatte und die Zuschauer in eine andere Welt entführte.

Insgesamt bleibt „Der Winter, der ein Sommer war“ ein faszinierendes Beispiel für die Fernsehgeschichte Deutschlands und ein Zeugnis für die künstlerischen Ambitionen von Fritz Umgelter. Trotz der technischen Mängel und der nostalgischen Rückschau bleibt die Produktion ein bedeutendes Werk, das die Zuschauer auch heute noch in seinen Bann ziehen kann.

Quellen: FAZ

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