19.10.2024
Waffenruhe im Gazastreifen: Verhandlungen und humanitäre Herausforderungen in Kairo

Krieg in Nahost: Neue Waffenruhe-Gespräche in Ägypten

Die Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gazastreifen gehen in Kairo in eine neue Runde. Während die Gespräche zwischen Israel und der Hamas fortgesetzt werden, drängen UN-Vertreter auf dringend benötigte Maßnahmen zur Bekämpfung eines drohenden Polio-Ausbruchs in der Region. Die humanitäre Lage im Gazastreifen ist angespannt, und die Situation erfordert sofortige Aufmerksamkeit.

UN-Vertreter warnen vor Polio-Ausbruch

UN-Vertreter haben verstärkte Anstrengungen gefordert, um die Gesundheit von Hunderttausenden von Kindern im Gazastreifen zu schützen. Louisa Baxter, Leiterin der Notfall-Gesundheitseinheit des Kinderhilfswerks Save the Children, warnte in einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats in New York, dass ohne sofortige Präventionsmaßnahmen der Polio-Ausbruch nicht nur katastrophale Folgen für die Kinder in Gaza haben könnte, sondern auch die weltweiten Bemühungen zur Ausrottung der Krankheit erheblich zurückwerfen würde.

Ende August soll eine Impfkampagne beginnen, die von mehr als einem Dutzend Mitgliedsnationen unterstützt wird. Baxter betonte, dass bereits bestätigte Ausbrüche im Gazastreifen vorliegen und dass die Krankheit nicht an den Grenzen des abgeriegelten Küstenstreifens Halt machen werde. Rund 50.000 Kinder sind seit Kriegsbeginn geboren worden und haben nicht die notwendigen Impfungen erhalten. Das Gesundheitssystem in Gaza ist stark geschwächt und unvorbereitet auf diese neue Polio-Krise.

Waffenruhe-Gespräche in Kairo

Ein israelisches Verhandlungsteam ist erneut in Kairo eingetroffen, um Gespräche über eine Waffenruhe zu führen. Auch eine Delegation aus den USA ist in der ägyptischen Hauptstadt angekommen, um an den Verhandlungen teilzunehmen. Die israelische Zeitung "Haaretz" berichtete, dass sich das Verhandlungsteam auf ein mögliches Spitzentreffen am Sonntag vorbereite, falls die Hamas entsprechende Signale sende. Ägypten, Katar und die USA agieren als Vermittler zwischen Israel und der Hamas, da direkte Verhandlungen zwischen den beiden Parteien nicht stattfinden.

Streitpunkte und neue Vorschläge

Ein zentraler Streitpunkt in den Verhandlungen ist Israels Forderung nach einer dauerhaften Kontrolle der südlichen Grenze zwischen Gaza und Ägypten. Die israelische Armee argumentiert, dass unter dem sogenannten Philadelphi-Korridor zahlreiche Tunnel der Hamas verlaufen, die für den Waffenschmuggel genutzt werden. Ägypten hingegen bestreitet die Existenz solcher unterirdischer Schmuggelrouten.

Israel Ziv, ein ehemaliger israelischer General, äußerte, dass es eine Krise des Misstrauens zwischen Israel und Ägypten gebe. Berichten zufolge haben die israelischen Verhandlungsführer vorgeschlagen, im Philadelphi-Korridor acht Beobachtungstürme zu errichten. Die USA haben einen Gegenvorschlag von zwei Türmen unterbreitet, doch Ägypten lehnt beide Vorschläge ab, da sie Israels Militär einen dauerhaften Zugang zu dem Gebiet verschaffen würden.

Netanjahu und die Kontrolle des Philadelphi-Korridors

Das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat Berichte über die mögliche Stationierung einer multinationalen Truppe im Philadelphi-Korridor als falsch zurückgewiesen. Netanjahu besteht darauf, dass Israel die Kontrolle über diesen Korridor behält, um eine Wiederbewaffnung der Hamas zu verhindern. Die Hamas fordert hingegen den vollständigen Rückzug Israels aus dem Gazastreifen.

Die Verhandlungen sind von Spannungen geprägt, und die Hamas wirft Israel vor, die Gespräche durch neue Forderungen zu blockieren. Ägypten sieht die israelische Militärpräsenz im Korridor als Verstoß gegen den ägyptisch-israelischen Friedensvertrag von 1979, der die Stationierung israelischer Streitkräfte in diesem Gebiet verbietet.

Humanitäre Lage und internationale Reaktionen

Die humanitäre Lage im Gazastreifen ist kritisch. Die UN berichten von einer massiven Zunahme der Binnenflüchtlinge, die durch die Kämpfe und Evakuierungsanordnungen verursacht wurden. Die meisten der 2,1 Millionen Einwohner Gazas sind mittlerweile auf engstem Raum zusammengepfercht, was die Bedingungen für die Zivilbevölkerung weiter verschärft.

Die US-Regierung hat den Druck auf Israel erhöht, um eine Einigung in den Verhandlungen zu erreichen. Präsident Joe Biden hat in Gesprächen mit Netanjahu die Dringlichkeit eines Abkommens betont, das sowohl die Freilassung der Geiseln als auch eine Waffenruhe umfasst. Die Situation bleibt angespannt, und die Möglichkeit einer weiteren Eskalation im Nahen Osten ist gegeben, insbesondere nach den jüngsten Drohungen des Iran und der Hisbollah.

Fazit

Die Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gazastreifen stehen vor großen Herausforderungen. Die humanitäre Krise, die politischen Spannungen zwischen Israel und Ägypten sowie die Forderungen der Hamas machen eine Einigung schwierig. Die internationale Gemeinschaft beobachtet die Entwicklungen genau, während die UN und andere Organisationen weiterhin auf die Dringlichkeit der humanitären Hilfe hinweisen.

Die Situation bleibt dynamisch, und es bleibt abzuwarten, ob die aktuellen Gespräche in Kairo zu einem Durchbruch führen werden.

Quellen: dpa, FAZ, BR24, Deutschlandfunk, ZDF

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