17.10.2024
Notfallpraxen Schließungspläne sorgen für Kritik in BadenWürttemberg

Die Kassenärztliche Vereinigung plant, mehrere Notfallpraxen im Südwesten zu schließen. Dieser Schritt hat zu massiver Kritik geführt, auf die Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) nun reagiert hat. Wie die Zeit berichtet, wies Lucha Forderungen nach seinem Einschreiten zurück. Er argumentierte, dass die Rechtsaufsicht nicht einfach so etwas stoppen könne und dass die Forderungen Erwartungen in der Bevölkerung schürten, “die jeglicher rechtlichen Grundlage entbehren”. Es gebe weder konkrete Hilfsfristen noch Vorgaben zur Erreichbarkeit von Bereitschaftspraxen.

Lucha betont, dass die Pläne der Kassenärztlichen Vereinigung (KVBW) rechtlich nicht zu beanstanden seien. Die KVBW habe das Recht, die Bereitschaftsdienste neu zu strukturieren. “Die Auswahl- und Entscheidungskriterien des Standortkonzepts verstoßen bei dem, was dem Sozialministerium bisher bekannt ist, aus rechtsaufsichtlicher Sicht nicht gegen Recht und Gesetz”, sagte der Minister.

Der Gesundheitsminister hat die KVBW jedoch aufgefordert, dort, wo ein Angebot wegfalle, für gute Alternativen zu sorgen. Konkret müssten an den verbleibenden Standorten zusätzliche Kapazitäten aufgebaut, das telemedizinische Angebot massiv ausgebaut und ausreichende Kapazitäten für den Fahrdienst geschaffen werden. 

Lucha betonte auch, dass im Land derzeit rund 1.000 Arztsitze unbesetzt seien und in den nächsten zehn Jahren die geburtenstärksten Jahrgänge der Ärzteschaft in den Ruhestand gingen. „Das heißt, weniger Ärzte müssen künftig dafür sorgen, dass die medizinische Versorgung im Land gesichert bleibt“, sagte Lucha. Schon jetzt könne man deswegen sagen: „Für die Zukunft der medizinischen Versorgung gilt der Grundsatz: digital vor ambulant vor stationär. Daran werden wir uns alle gewöhnen müssen“, so Lucha.

Zuvor hatten 18 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie der CDU-Minister für den ländlichen Raum, Peter Hauk, Lucha in einem Brief aufgefordert, gegen die Schließungspläne vorzugehen. Sie kritisieren die Pläne der KVBW als “nicht nachvollziehbar und gesamtpolitisch alarmierend” und befürchten eine Verschlechterung der medizinischen Versorgung, insbesondere im ländlichen Raum.

Die KVBW plant, die Zahl der Notfallpraxen im Südwesten weiter zu verringern. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur geht es um 17 weitere Standorte. Acht Praxen hatte die KVBW bereits im Laufe des Jahres dauerhaft geschlossen. Auslöser für die Pläne zu einer Neustrukturierung des Bereitschaftsdienstes war ein Gerichtsurteil.

Zukünftig soll die Regelung gelten, dass mindestens 95 Prozent der Menschen im Südwesten innerhalb von 30 Fahrminuten eine Notfallpraxis erreichen können. Alle anderen sollen maximal 45 Minuten fahren müssen.

Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister kritisieren diese Regelung. Sie bemängeln, dass die KVBW dieses Kriterium nur nachweisen könne, wenn der Weg mit dem Auto und ohne Verkehrsbeeinträchtigungen zurückgelegt werde. „Dies ist eine massive Benachteiligung der älteren und wenig begüterten Bevölkerungsteile, die kein Auto (mehr) haben“, heißt es in dem Schreiben an Lucha. Sie fordern, dass die Fahrzeit auch für den ÖPNV gelten müsse, da Notfallversorgung nicht nur für Autofahrer, sondern auch für Menschen ohne KfZ funktionieren müsse.

Die Pläne zur Neustrukturierung des Bereitschaftsdienstes sind offiziell noch nicht vorgestellt worden. Die KVBW hat für Montag zu einer Pressekonferenz eingeladen, bei der sie das Konzept vorstellen möchte. Das detaillierte Konzept mit konkreten Öffnungszeiten und der geplanten Ausstattung und Kapazitäten werde für Ende Oktober oder Anfang November erwartet, sagte Lucha.

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