19.10.2024
NRW im Finanzstresstest: Haushaltsausgaben unter der Lupe

Landesfinanzen: NRW-Rechnungshof fordert: Ausgaben auf den Prüfstand

Der Landesrechnungshof Nordrhein-Westfalen hat in seinem aktuellen Jahresbericht alarmierende Zahlen zur finanziellen Situation des Landes veröffentlicht. Trotz der seit vier Jahren geltenden Schuldenbremse hat sich der Schuldenstand des Landes auf einen Rekordwert von 164,4 Milliarden Euro erhöht. Brigitte Mandt, Präsidentin des Landesrechnungshofs, äußerte sich besorgt über die finanzielle Lage und forderte eine umfassende Überprüfung sämtlicher Ausgaben.

Schuldenbremse und steigende Verschuldung

Die Schuldenbremse, die eingeführt wurde, um die Neuverschuldung zu begrenzen, scheint nicht die erhoffte Wirkung zu zeigen. Die Aufnahme von Notlagenkrediten in den Jahren 2020 bis 2023 hat zu einer strukturellen Unterfinanzierung des Haushalts geführt. Mandt betonte, dass die Tilgung dieser Kredite über Jahrzehnte hinweg erhebliche Haushaltsmittel binden werde. Gleichzeitig stagnieren die Steuereinnahmen und bleiben hinter den Erwartungen zurück, was die Situation zusätzlich verschärft.

Ausgabenentwicklung und Haushaltsstruktur

Im Jahr 2023 beliefen sich die Ausgaben des Landes, bereinigt um die Notlagen-Effekte, auf 95,8 Milliarden Euro. Dies stellt einen Anstieg von 22,3 Prozent seit 2019 dar. Besonders auffällig ist, dass etwa 63 Prozent dieses Anstiegs auf konsumtive Transferausgaben zurückzuführen sind. Zum Ende des Jahres 2023 summierten sich die zu tilgenden Notlagenkredite auf rund 20,8 Milliarden Euro.

Pro-Kopf-Verschuldung und wirtschaftliche Indikatoren

Die Pro-Kopf-Verschuldung in Nordrhein-Westfalen ist weiterhin hoch, hat jedoch im Vergleich zum Vorjahr nur leicht zugenommen. Sie stieg um acht Euro auf insgesamt 9.070 Euro. Interessanterweise sank der Anteil der Verschuldung am Bruttoinlandsprodukt von 22 Prozent im Jahr 2020 auf 19,6 Prozent im Jahr 2023. Diese Zahlen deuten darauf hin, dass die Wirtschaft des Landes trotz der hohen Verschuldung relativ stabil bleibt.

Ausblick auf die Steuereinnahmen

Die Mai-Steuerschätzung 2024 prognostiziert, dass die Steuereinnahmen in diesem Jahr um 1,2 Milliarden Euro hinter den Ansätzen des Haushaltsplans zurückbleiben werden. Für die Jahre 2025 bis 2028 wird ein Rückgang von insgesamt 3,7 Milliarden Euro erwartet. Diese Entwicklung zwingt die Landesregierung dazu, das Ausgabenniveau nachhaltig zu senken.

Prüfung der Ausgaben und fragwürdige Praktiken

Im Rahmen der Prüfungen stießen die Rechnungsprüfer auf zahlreiche Beispiele für einen fragwürdigen Umgang mit Steuergeldern. Dazu gehört unter anderem eine Buchhaltungslücke von 820.000 Euro, die auf Unstimmigkeiten zwischen den Büchern und der Haushaltsrechnung zurückzuführen ist. Die Behörde stellte fest, dass es sich hierbei nicht um einen Fehlbetrag handelt, sondern um eine fehlerhafte Ausweisung von Ausgaben.

Beispiele aus der Praxis

Ein konkretes Beispiel für ineffiziente Ausgaben ist das Förderprogramm „Moderne Sportstätte 2022“. Hierfür wurde die NRW.BANK mit der verwaltungsmäßigen Abwicklung beauftragt, was dem Land Kosten von rund 2,6 Millionen Euro im Jahr 2021 einbrachte. Im Vergleich dazu lagen die Kosten für landeseigenes Personal lediglich bei etwa 1,6 Millionen Euro. Zudem wurden von der Förderbank eigenmächtig Zuwendungen in Höhe von 6,3 Millionen Euro bewilligt, was gegen das Budgetrecht des Parlaments verstößt.

Probleme bei der Polizei und Infrastruktur

Ein weiteres Beispiel betrifft die regionalen Trainingszentren der Polizei. Trotz der frühen Erkenntnis, dass diese nicht ausgelastet sein würden, hielt das NRW-Innenministerium an dem Bau von zwölf Zentren fest. Der Rechnungshof empfahl ein Controlling der Auslastung, welches jedoch ignoriert wurde. Dies verstößt gegen die Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit.

Im Bereich Straßenbau stellte der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen fest, dass die Kosten, Leistungen und Termine bei vielen Straßenbaumaßnahmen nicht eingehalten wurden. Bei 83 Prozent der untersuchten Bauverträge wurden die ursprünglichen Auftragssummen überschritten, was zu Mehrkosten von insgesamt 101 Millionen Euro führte.

Fazit und Ausblick

Die Ergebnisse des Jahresberichts des Landesrechnungshofs werfen ein besorgniserregendes Licht auf die Finanzlage Nordrhein-Westfalens. Die steigende Verschuldung, die unzureichenden Steuereinnahmen und die ineffiziente Verwendung von Steuergeldern erfordern dringende Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung. Brigitte Mandt fordert, dass alle Aufgaben und Ausgaben des Landes auf den Prüfstand gehören, um einen strukturell ausgeglichenen Haushalt zu erreichen und finanzielle Handlungsspielräume zu schaffen.

Die kommenden Monate werden entscheidend sein, um die finanziellen Herausforderungen zu bewältigen und die Weichen für eine nachhaltige Finanzpolitik zu stellen.

Quellen: Zeit Online, Süddeutsche Zeitung, Westdeutsche Zeitung

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