27.11.2024
Pflegekostenkrise in Deutschland Sozialverbände fordern dringende Entlastung

Steigende Pflegekosten belasten Betroffene stark – Sozialverbände fordern Entlastung

Die hohen und weiter steigenden Kosten in der Pflege stellen Pflegebedürftige und deren Angehörige vor enorme finanzielle Herausforderungen. Der Sozialverband Deutschland (SoVD) in Niedersachsen appelliert daher an die Landesregierung, die finanzielle Belastung für Pflegebedürftige zu verringern. Wie die Zeit berichtet, fordert der SoVD, dass das Land Niedersachsen die Investitionskosten für Pflegeheime übernimmt, um die monatlichen Kosten für die Betroffenen um etwa 500 Euro zu senken (Zeit Online, 27.11.2024).

Dirk Swinke, der Vorstandsvorsitzende des SoVD in Niedersachsen, unterstreicht die Dringlichkeit des Problems. Der Eigenanteil für einen Pflegeheimplatz betrage durchschnittlich 2.300 Euro – eine Summe, die für viele kaum noch tragbar sei. Die hohe Inflation verschärfe die Situation zusätzlich und zwinge immer mehr Menschen, die Sozialberatung aufzusuchen. Besonders betroffen seien ältere Menschen mit geringen Renten und Pflegebedürftige in Heimen, die trotz lebenslanger Arbeit zunehmend auf Sozialhilfe angewiesen seien. Neben der Übernahme der Investitionskosten fordert der SoVD einen monatlichen Regelsatz in der Grundsicherung von 750 Euro. Wie hoch die finanziellen Mittel für die Investitionskosten seitens des Landes sein müssten, wurde zunächst nicht genannt.

Auch der VdK Nordrhein-Westfalen (NRW) bestätigt die angespannte Lage. In NRW sind laut Verbandsangaben über 64.500 Menschen auf Sozialhilfe angewiesen, um ihre Pflegekosten decken zu können (VdK NRW, 16.09.2024). Besonders besorgniserregend sei der Anstieg der Sozialhilfeempfänger im Bereich der häuslichen Pflege. Der VdK vermutet zudem eine hohe Dunkelziffer, da nicht alle Betroffenen staatliche Unterstützung beantragen. Die zunehmende Schließung ambulanter Dienste und Einrichtungen aufgrund des Fachkräftemangels verschärfe die Belastung pflegender Angehöriger zusätzlich. Der VdK fordert ebenfalls eine Deckelung der Eigenanteile und eine bessere Versorgung mit Kurzzeit-, Verhinderungs- und Tagespflegeplätzen.

Der SoVD Niedersachsen dokumentiert die Probleme im Sozialwesen in einem „Schwarzbuch“. Darin werden über 20 Fälle von Menschen geschildert, die um ihre Sozialleistungen kämpfen mussten. Beispielhaft wird der Fall einer dementen Frau aus Gifhorn genannt, die neun Monate auf einen Bescheid des Sozialamts über die Kostenübernahme für ihren Heimaufenthalt warten musste. Der Verbandsratsvorsitzende Bernhard Sackarendt hofft, dass das „Schwarzbuch“ eines Tages überflüssig wird, weil alle Menschen die ihnen zustehenden Leistungen ohne Probleme erhalten. Die aktuellen Zahlen des SoVD zeigen jedoch, dass die Schwierigkeiten mit Behörden, Krankenkassen und anderen Institutionen zunehmen. Landesweit führte der Verband in diesem Jahr bereits über 47.600 Verfahren, ein Anstieg von acht Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Besonders betroffen sind Menschen mit Behinderung.

Auch in Bayern verschärft sich die Lage für pflegende Angehörige, wie der VdK Bayern berichtet (VdK Bayern, 01.10.2024). Der Verband sieht die Bayerische Staatsregierung in der Pflicht, die Pflegeinfrastruktur zu verbessern. Gefordert werden unter anderem ein Tagespflegeplatz für jede zu Hause gepflegte Person, eine feste Quote von fünf Prozent Kurzzeitpflegeplätzen in Pflegeheimen und Pflegestützpunkte in allen bayerischen Landkreisen, um eine wohnortnahe und neutrale Beratung zu gewährleisten.

Bundesweit setzt sich der SoVD für eine umfassende Reform der Pflegeversicherung ein. Zu den Forderungen gehören die Absicherung des gesamten Pflegerisikos durch eine Pflege-Bürgerversicherung, mehr Unterstützung für pflegende Angehörige und bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen in der Pflege (SoVD). Der VdK Deutschland betont ebenfalls die Notwendigkeit von mehr Unterstützung für pflegende Angehörige – im Haushalt, bei der Betreuung, finanziell und in Bezug auf die Rente (VdK Nächstenpflege). Das Land Niedersachsen informiert auf seiner Webseite über den Entlastungsbetrag und Unterstützungsangebote im Alltag für Pflegebedürftige (Niedersachsen.de).

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