Während die Welt auf die US-Wahlen und die deutsche Innenpolitik blickt, vollzieht sich in Brüssel ein stiller Machtwechsel. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) am 11.11.2024 berichtete, fanden die Anhörungen der neuen EU-Kommissare statt, darunter auch die von Piotr Serafin, dem designierten EU-Budgetkommissar. Die Anhörungen, die vom Europaparlament sonst als „Fest der Demokratie“ gefeiert werden, blieben dieses Mal weitgehend unbeachtet. Dies lag zum einen an den dominierenden Nachrichten aus den USA und Berlin, zum anderen an einer informellen Vereinbarung der proeuropäischen Fraktionen, keinen der Kommissare abzulehnen, um einen zügigen Amtsantritt der neuen Kommission zu gewährleisten. So gerieten die Anhörungen, insbesondere die von Serafin, aus dem Fokus der Öffentlichkeit.
Piotr Serafin, der zukünftige „Zahlenmann“ von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, tritt damit aus dem Schatten der Brüsseler Kulissen ins Rampenlicht. Seine Aufgabe ist entscheidend: die Vorbereitung des nächsten mehrjährigen Haushalts der EU. Wie die FAZ weiter ausführt, dürfte ihm dabei seine langjährige Erfahrung in Brüssel zugutekommen. Serafin war bereits Kabinettschef von Donald Tusk während dessen Präsidentschaft im Europäischen Rat, wie EURACTIV.pl am 18.09.2024 berichtete. Diese Position verschaffte ihm tiefe Einblicke in die komplexen Mechanismen der EU-Politik und -Finanzierung. Zusätzlich war er Direktor für Verkehr, Telekommunikation und Energie im Generalsekretariat des Rates der EU, was ihm breite Expertise in verschiedenen Politikfeldern einbrachte.
Die Ernennung Serafins zum Haushaltskommissar wird in Polen unterschiedlich bewertet. Ministerpräsident Donald Tusk zeigte sich erfreut über das „starke Ressort“ für seinen Vertrauten, während Oppositionspolitiker die Bedeutung des Postens herunterspielen und ein wichtigeres Dossier für Polen gefordert hätten, wie EURACTIV.pl berichtet. Die Besetzung des Haushaltsressorts durch einen Polen ist nicht neu. Bereits in der zweiten Barroso-Kommission war mit Janusz Lewandowski ein polnischer Kommissar für den Haushalt zuständig. Lewandowski selbst äußerte sich zuversichtlich über Serafins Fähigkeiten, die anstehenden Herausforderungen zu meistern.
Serafin steht vor großen Aufgaben. Der nächste mehrjährige Finanzrahmen (MFF) muss den vielfältigen Herausforderungen der EU gerecht werden, von der Stärkung der Verteidigungsfähigkeit über den grünen Wandel bis hin zur Kohäsionspolitik. Wie EURACTIV.de am 08.11.2024 berichtete, betonte Serafin in seiner Anhörung die Notwendigkeit einer Reform der EU-Ausgaben und einer Vereinfachung der Verfahren. Der Zugang zu EU-Mitteln dürfe „kein bürokratischer Albtraum“ sein. Er sprach sich zudem für eine stärkere Einbindung der Regionen in die Gestaltung der Kohäsionspolitik aus. Regionale Regierungen wüssten am besten, welche Reformen und Investitionen sie benötigten.
Zur Frage der Finanzierung des EU-Haushalts äußerte Serafin, dass die derzeitigen Vorschläge für neue EU-Eigenmittel, wie Einnahmen aus dem Emissionshandelssystem (ETS) und der CO2-Grenzsteuer (CBAM), vorangetrieben werden müssten. Er sehe keinen „Plan B“. Die Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten über neue Einnahmequellen seien jedoch „unzureichend“, so Serafin laut EURACTIV.de.
Die Herausforderungen für den neuen Haushaltskommissar sind immens. Er muss einen Haushalt gestalten, der den ambitionierten Zielen der EU gerecht wird und gleichzeitig die unterschiedlichen Interessen der Mitgliedstaaten berücksichtigt. Serafins Erfahrung und sein Fokus auf eine effiziente und transparente Mittelverwendung könnten ihm dabei helfen, diese Aufgabe zu meistern.
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