19.10.2024
Rückgang der Unternehmensgründungen an Hochschulen in Thüringen
Weniger Firmengründungen an Hochschulen

Weniger Firmengründungen an Hochschulen

In den letzten Jahren hat die Zahl der Unternehmensgründungen an Hochschulen in Thüringen einen signifikanten Rückgang erlebt. Die Friedrich-Schiller-Universität in Jena, die traditionell als Brutstätte für innovative Start-ups gilt, verzeichnete im Jahr 2023 lediglich vier Ausgründungen. Im Vergleich dazu lag die durchschnittliche Zahl in den Jahren zuvor bei neun. Auch an der Universität Erfurt ist die Situation alarmierend: Hier sank die Zahl der Unternehmensgründungen von vier auf zwei innerhalb eines Jahres.

Ursachen für den Rückgang

Die Gründe für diesen Rückgang sind vielschichtig und lassen sich nicht auf einen einzigen Faktor reduzieren. Zahlreiche Hochschulen haben in Umfragen die hohen rechtlichen und bürokratischen Hürden als eine der Hauptursachen genannt. Diese Hürden erschweren es den Gründern, ihre Ideen in die Tat umzusetzen. Darüber hinaus stellt die Kapitalbeschaffung eine erhebliche Herausforderung dar, da viele Gründer Schwierigkeiten haben, finanzielle Mittel zu akquirieren oder Investoren zu finden.

Die COVID-19-Pandemie hat die Situation zusätzlich verschärft. Die Unsicherheiten, die mit der Pandemie einhergingen, haben viele potenzielle Gründer davon abgehalten, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Die aktuellen wirtschaftlichen Krisen erschweren zudem die Rückkehr zu den Gründungszahlen vor der Pandemie, was die Lage weiter kompliziert.

Positive Arbeitsmarktsituation als Hemmschuh

Ein weiterer Faktor, der den Rückgang der Firmengründungen beeinflusst, ist die derzeit positive Arbeitsmarktsituation. Laut Axel Burchardt, Sprecher der Schiller-Universität Jena, entscheiden sich viele Absolventen aufgrund der attraktiven Jobangebote für sichere und gut bezahlte Anstellungen, anstatt das Risiko einer Unternehmensgründung einzugehen. Diese Entwicklung zeigt, dass die Gründungsmentalität unter den Studierenden möglicherweise nicht mehr so ausgeprägt ist wie in früheren Jahren.

Regionale Herausforderungen

Die geringe Anzahl an Großunternehmen in Mitteldeutschland erschwert es jungen Gründern zudem, regionale Kooperationspartner und Pilotkunden zu finden. Christina Nolte von der Ernst-Abbe-Hochschule Jena weist darauf hin, dass es insbesondere in Städten wie Jena schwierig ist, geeignete Räumlichkeiten für die Gründung eines Unternehmens zu finden. Diese infrastrukturellen Herausforderungen sind nicht zu unterschätzen und spielen eine entscheidende Rolle bei der Gründung neuer Unternehmen.

Die Rolle der Gründerzentren

Die Gründerzentren an den Hochschulen, die potenzielle Gründer unterstützen sollen, stehen ebenfalls vor Herausforderungen. Vor allem die zeitlich befristeten Förderungen der Gründerzentren erschweren eine kontinuierliche und umfassende Unterstützung für angehende Unternehmer. Trotz dieser Schwierigkeiten wird die Meinung vertreten, dass Thüringen im Bereich der Förderungen relativ gut aufgestellt ist.

Initiativen zur Förderung von Gründungen

Um dem Negativtrend entgegenzuwirken, haben die Hochschulen in Thüringen verschiedene Projekte ins Leben gerufen, um die Zahl der Unternehmensgründungen zu steigern. An der Universität Jena wird beispielsweise das Projekt "Nucleus Jena" durchgeführt, das darauf abzielt, weniger aktive Wissenschaftler zu mobilisieren und die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft sowie den Wissenstransfer zu fördern.

Ein weiteres Beispiel ist das Verbundprojekt "International Startup Campus", das in Zusammenarbeit mit den Universitäten Halle und Leipzig die Internationalisierung im Gründungsbereich stärken soll. Zudem wird in Kooperation mit dem Technologie- und Innovationspark Jena an Büro- und Laborflächen gearbeitet, um den Gründern optimale Bedingungen zu bieten.

Die Universität Erfurt hat sich mit dem Hochschulgründernetzwerk "StarTh" zusammengeschlossen, das ebenfalls aus Jena koordiniert wird. In Ilmenau liegt der Fokus darauf, das Fabrikationslabor "FabLab" zu verankern, um die Kapazitäten des Gründungszentrums zu erhöhen und zu sichern.

Erfolgreiche Ausgründungen

Trotz der Herausforderungen gibt es jedoch positive Beispiele. Einige Ausgründungen aus den Thüringer Hochschulen haben sich mittlerweile zu "Hidden Champions" entwickelt, die in ihren jeweiligen Branchen oder Nischen zu Weltmarktführern oder Technologieführern zählen. Erfolgreiche Unternehmen wie der Hersteller für Präzisionsmesstechnik Sios und die Abnehm-App Yazio (TU Ilmenau) sowie der Softwarehersteller Ubilabs und der Küchendesigner Mykilos (Bauhaus Universität) zeigen, dass es auch in dieser Region viel Potenzial für innovative Start-ups gibt.

Fazit

Die rückläufige Zahl der Firmengründungen an Hochschulen in Thüringen ist ein besorgniserregender Trend, der durch verschiedene Faktoren beeinflusst wird. Von bürokratischen Hürden über die positive Arbeitsmarktsituation bis hin zu regionalen Herausforderungen sind die Gründe vielschichtig. Um dem entgegenzuwirken, sind innovative Projekte und Initiativen erforderlich, die die Gründungslandschaft nachhaltig stärken. Die erfolgreichen Beispiele aus der Region zeigen, dass es trotz der Herausforderungen möglich ist, erfolgreiche Unternehmen aus Hochschulen hervorgehen zu lassen.

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