Das Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) ist seit dem 1. November 2024 in Kraft. Es ermöglicht trans-, intergeschlechtlichen und nicht-binären Personen, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen im Personenstandsregister einfacher zu ändern. Wie die Zeit berichtet, reicht dafür nun eine einfache Erklärung beim Standesamt. Das bisher geltende Transsexuellengesetz (TSG) von 1981, das aufwendige Gutachten und Gerichtsbeschlüsse verlangte, wird damit abgelöst. Bis 2011 war im Rahmen des TSG sogar eine Sterilisation vorgeschrieben. Das SBGG beseitigt somit, laut Gesetzestext, "staatliches Unrecht".
Die Änderung des Geschlechtseintrags muss drei Monate im Voraus beim Standesamt angemeldet werden. Nach Ablauf dieser Frist kann die Erklärung zur Änderung abgegeben werden. Wie der Tagesspiegel berichtet, dient die dreimonatige Wartefrist auch als Bedenkzeit. Eine erneute Änderung des Eintrags ist frühestens nach zwölf Monaten möglich. Zur Wahl stehen die Geschlechtseinträge "männlich", "weiblich", "divers" oder der Verzicht auf einen Geschlechtseintrag. Ärztliche Atteste oder Gerichtsentscheidungen sind nicht mehr erforderlich. Das Gesetz trifft jedoch keine Regelungen für geschlechtsangleichende medizinische Maßnahmen.
Der Vorname muss zum neuen Geschlechtseintrag passen. Wählt eine Person beispielsweise den Eintrag "männlich", kann sie keine traditionell weiblichen Vornamen wählen. Eine separate Vornamensänderung ohne gleichzeitige Änderung des Geschlechtseintrags ist auf Basis des SBGG nicht möglich. Bei der Wahl des Eintrags "divers" oder dem Verzicht auf einen Eintrag besteht mehr Freiheit bei der Vornamenswahl.
Mit der Änderung des Geschlechtseintrags und des Vornamens werden Personalausweis und Reisepass ungültig und müssen neu beantragt werden. Im Reisepass wird bei Personen, die weder als männlich noch als weiblich gemeldet sind, ein "X" im Feld für den Geschlechtseintrag eingetragen.
Das Bundesfamilienministerium rechnet mit etwa 4.000 Anträgen pro Jahr, wie der Tagesspiegel berichtet. Die Zahlen könnten anfangs jedoch höher ausfallen, da viele Menschen auf das Inkrafttreten des Gesetzes gewartet haben. Verlässliche Statistiken fehlen jedoch, da die letzten verfügbaren Daten aus dem Jahr 2021 stammen.
Minderjährige unter 14 Jahren können den Antrag nicht selbst stellen. Auf Wunsch des Kindes können dies die Eltern oder Sorgeberechtigten übernehmen. Minderjährige ab 14 Jahren können den Antrag selbst stellen, benötigen jedoch die Zustimmung der Eltern oder Sorgeberechtigten. Sie müssen außerdem erklären, dass sie sich umfassend informiert haben. Eine Beratungspflicht besteht laut Bundesministerium nicht.
Das SBGG enthält ein sogenanntes Offenbarungsverbot. Dritte dürfen ohne Erlaubnis die frühere Identität oder den früheren Namen einer Person nicht verbreiten. Für enge Angehörige gibt es Ausnahmen. Sie müssen sich nur im offiziellen Schriftverkehr mit Ämtern auf den geänderten Namen und Geschlechtseintrag beziehen. Im privaten Rahmen dürfen sie beispielsweise den früheren Namen verwenden, ohne rechtliche Konsequenzen befürchten zu müssen. Ausnahmen vom Offenbarungsverbot gelten auch bei besonderen Gründen eines öffentlichen oder rechtlichen Interesses.
Das Gesetz wurde kontrovers diskutiert. Befürchtungen, das SBGG könnte beispielsweise zu Problemen in geschlechtergetrennten Einrichtungen wie Saunen führen, wurden von der Antidiskriminierungsbeauftragten Ferda Ataman zurückgewiesen. Das private Hausrecht bleibt unberührt, Betreiber dürfen also weiterhin bestimmen, wer ihre Einrichtungen betritt. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) schützt transgeschlechtliche Personen jedoch vor Diskriminierung aufgrund ihrer Geschlechtsidentität.
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