Social-Media-Plattformen spielen eine immer größere Rolle in der Meinungsbildung in Deutschland. Die einfache Zugänglichkeit und die schnelle Verbreitung von Informationen bieten neue Möglichkeiten für den öffentlichen Diskurs, bergen aber auch Risiken. Die Frage nach dem Einfluss dieser Plattformen auf die Meinungsbildung ist komplex und vielschichtig.
Wie NRW-Medienminister Nathanael Liminski (CDU) in einem Interview mit der FAZ betonte, stellen Plattformen wie TikTok eine Herausforderung für die Medienpolitik dar. Besonders die Verbreitung von Hass, extremistischen Inhalten und Desinformation, insbesondere unter jungen Menschen, ist besorgniserregend. Liminski verweist auf Studien, wie die von Allensbach im Auftrag der Friedrich Naumann Stiftung, die die Anfälligkeit junger Menschen für Desinformation und Verschwörungstheorien belegen. Diese Netzwerke werden von jungen Menschen intensiv genutzt und bieten eine Plattform für die Verbreitung von manipulativen Inhalten, die oft als Humor getarnt sind.
Eine Studie der Universität Hamburg aus dem Jahr 2017 untersuchte die Polarisierung im Social Web und den Einfluss von Bildung. Die Studie legt nahe, dass Algorithmen, die Inhalte basierend auf den Präferenzen der Nutzer auswählen, zur Entstehung von Filterblasen beitragen können. Nutzer werden in diesen Blasen hauptsächlich mit Informationen konfrontiert, die ihre bestehenden Meinungen bestätigen, was die Polarisierung verstärken kann. Die Studie zeigt auch, dass Bildung eine wichtige Rolle spielt: Personen mit höherer Bildung sind weniger anfällig für diese Effekte.
Social Media hat auch die politische Landschaft verändert. Wie eine Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung zum Bundestagswahlkampf 2013 zeigt, spielen soziale Netzwerke eine immer wichtigere Rolle in Wahlkämpfen. Die Studie hebt die zunehmende Professionalisierung des Umgangs mit Social Media durch politische Akteure hervor und stellt fest, dass kurze, emotionalisierende Botschaften mit klarer Wertung die größte Resonanz erzielen. Die traditionellen Medien behalten jedoch weiterhin einen großen Einfluss auf die Debatte in den sozialen Medien.
Eine Studie der Stiftung Neue Verantwortung aus dem Jahr 2021 untersuchte die digitalen Nachrichten- und Informationskompetenzen der deutschen Bevölkerung. Die Ergebnisse zeigen, dass viele Menschen Schwierigkeiten haben, zwischen verschiedenen Kommunikationsabsichten wie Werbung, Information, Desinformation und Meinung zu unterscheiden. Auch die Erkennung von Interessenskonflikten bei Quellen fällt vielen schwer. Diese Defizite in der Nachrichtenkompetenz können die Anfälligkeit für Manipulation und Desinformation erhöhen.
Eine Studie des Institute for Strategic Dialogue (ISD) aus dem Jahr 2024 untersuchte den Zusammenhang zwischen Social-Media-Konsum und den Ansichten zum Ukraine-Krieg in Deutschland. Die Studie ergab, dass die Art der konsumierten Medien stark mit den Einstellungen zum Konflikt korreliert. Personen, die sich hauptsächlich über soziale Medien informieren, neigen eher zu pro-russischen Ansichten und glauben häufiger an Desinformationsnarrative über den Krieg. Personen, die etablierten Medien vertrauen, unterstützen eher die Ukraine und sind besorgter über russische Kriegsverbrechen.