September 28, 2024
Strategische Herausforderungen für Selenskyjs Plan im Ukraine-Konflikt

Kommentar zum „Siegesplan“ der Ukraine: Kein guter Zeitpunkt für Selenskyj

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj reiste kürzlich nach Washington, um seinen „Siegesplan“ für den Krieg gegen Russland vorzustellen. Doch der Zeitpunkt für diesen Besuch könnte ungünstiger nicht sein, kommentiert Nikolas Busse, verantwortlicher Redakteur für Außenpolitik bei der F.A.Z.

Eines der Hauptanliegen Selenskyjs ist eine klare Zusage für einen NATO-Beitritt der Ukraine. Doch diese Zusage, so Busse, werde Selenskyj weder jetzt noch in absehbarer Zeit erhalten – weder von Washington noch von irgendeiner anderen westlichen Hauptstadt. Dafür gebe es zwei Gründe: Erstens die bevorstehenden Wahlen in den USA, die die zukünftige amerikanische Politik ungewiss machen. Und zweitens die militärische Realität: Die Aufnahme eines Landes im Krieg würde bedeuten, dass die anderen NATO-Mitglieder im Falle eines Angriffs zu Hilfe eilen müssten.

Ähnlich schwierig gestaltet sich die Frage nach dem Einsatz westlicher Waffen auf russischem Territorium, ein weiteres Anliegen der Ukraine. Busse verweist auf die möglichen Reaktionen Putins, die von verdeckten Sabotageakten bis hin zu anderen Maßnahmen reichen könnten.

Der Besuch Selenskyjs inmitten des amerikanischen Wahlkampfs, so Busses Fazit, sei daher strategisch ungünstig. Die wichtigen Fragen, die Selenskyj aufwirft, könnten ohne geklärte Machtverhältnisse im Weißen Haus und im Kongress nicht sinnvoll diskutiert werden.

Quelle: https://www.faz.net/aktuell/politik/ukraine/siegesplan-der-ukraine-kein-guter-zeitpunkt-fuer-selenskyj-110013771.html

Weitere Punkte der Kritik am „Siegesplan“

Neben den von Nikolas Busse aufgeworfenen Punkten gibt es weitere Kritikpunkte an Selenskyjs „Siegesplan“. So wird beispielsweise bemängelt, dass der Plan eher einer Wunschliste an den Westen gleiche, als einem konkreten Fahrplan zum Sieg.

Folgende Punkte werden im „Siegesplan“ laut Medienberichten genannt:

- NATO-Beitritt der Ukraine - Lieferung „spezifischer“ Waffen, darunter möglicherweise auch Langstreckenraketen - Ausweitung der westlichen Finanzhilfen - Billigung weiterer Bodenoperationen im russischen Grenzgebiet Kursk

Besonders umstritten ist dabei die Forderung nach Langstreckenraketen, die auch Ziele auf russischem Staatsgebiet angreifen könnten. Während die Ukraine dies als notwendig erachtet, um Russland zum Frieden zu zwingen, befürchten Kritiker eine Eskalation des Konflikts.

Auch die Forderung nach einem NATO-Beitritt wird kritisch gesehen, da dies Russland provozieren und den Konflikt weiter anheizen könnte.

Ist ein „Sieg“ der Ukraine überhaupt realistisch?

Die Frage, ob die Ukraine den Krieg gegen Russland überhaupt gewinnen kann, wird kontrovers diskutiert. Während Selenskyj von einem „Sieg“ spricht, bezweifeln Experten, dass dies unter den gegebenen Umständen realistisch ist.

Ein entscheidender Faktor ist dabei die militärische Unterstützung des Westens. Ohne diese Unterstützung, so die einhellige Meinung, hätte die Ukraine dem russischen Angriff nicht lange standhalten können.

Allerdings ist unklar, wie lange der Westen die Ukraine noch in diesem Umfang unterstützen kann und will. Die hohen Kosten der Militärhilfe und die wirtschaftlichen Folgen des Krieges, insbesondere die Energiekrise, belasten die westlichen Staaten zunehmend.

Zudem wächst die Befürchtung, dass der Krieg noch lange dauern und sich zu einem Abnutzungskrieg entwickeln könnte. In einem solchen Szenario wäre es fraglich, ob die Ukraine auf Dauer durchhalten könnte – selbst mit westlicher Hilfe.

Fazit

Der „Siegesplan“ von Wolodymyr Selenskyj hat in Washington und anderen westlichen Hauptstädten keine ungeteilte Begeisterung ausgelöst. Zwar wird die Ukraine weiterhin im Kampf gegen Russland unterstützt, doch die westlichen Partner sind zurückhaltend, was die Lieferung bestimmter Waffen und einen NATO-Beitritt angeht.

Die Frage, wie der Krieg in der Ukraine beendet werden kann, bleibt somit unbeantwortet. Ein schneller „Sieg“ der Ukraine erscheint derzeit unwahrscheinlich, und die Bereitschaft Russlands zu Verhandlungen ist nicht erkennbar. Es ist daher zu befürchten, dass der Konflikt noch lange andauern und für weiteres Leid und Zerstörung sorgen wird.

Quellen:

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