Unternehmen mit Landesbeteiligung in Mecklenburg-Vorpommern wenden Tarifverträge uneinheitlich an. Wie der aktuelle Beteiligungsbericht der Landesregierung (2022/2023), der am Dienstag vom Kabinett beschlossen wurde, aufzeigt, orientiert sich zwar die Hälfte der 20 privatrechtlichen Mehrheitsbeteiligungen an Tarifverträgen, setzt diese jedoch nicht vollständig um. Dies berichtet die „Zeit“ (07.01.2025) unter Berufung auf dpa Mecklenburg-Vorpommern. So würden beispielsweise Entgeltstufen teilweise nicht umgesetzt und die Jahressonderzahlung nur freiwillig gewährt.
Bereits am 27.10.2023 berichtete der NDR über diese Problematik und nannte als Beispiel die rund 130 Mitarbeiter der Sondermülldeponie nahe Schönberg. Ihre Bezahlung richte sich nach einer Betriebsvereinbarung, die zwar an einen Tarifvertrag der Entsorgungsbranche angelehnt sei, jedoch nicht an die Tariflöhne des öffentlichen Dienstes. Auch etwa 700 Beschäftigte in elf weiteren Landesunternehmen müssten Abstriche beim Tariflohn hinnehmen, etwa bei Weihnachtsgeld, betrieblicher Altersvorsorge oder Zuschlägen für Nacht- und Feiertagsarbeit. Als Begründung werde teilweise die wirtschaftliche Lage angeführt.
Die Landesregierung strebe die Zahlung von Tariflöhnen in allen Landesunternehmen an, so der NDR. Es sollen Leitlinien beschlossen werden, die sich am geplanten Tariftreue- und Vergabegesetz orientieren. Finanzminister Heiko Geue (SPD) räumte laut dpa bereits am 27. Oktober 2023 ein, dass es bei der tariflichen Entlohnung in Unternehmen mit Landesbeteiligung Lücken gebe. Elf der zwanzig Unternehmen lehnten ihre Vergütung zwar an Tarifverträge an, der Umfang der Anlehnung variiere jedoch stark.
Tarifverträge haben im deutschen Wirtschaftssystem eine hohe Bedeutung, wie eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln) vom 03.02.2022 belegt. Sie tragen zum Wohlstand bei und werden in Politik und Gesellschaft wertgeschätzt. Trotzdem nimmt die Tarifbindung kontinuierlich ab. 2019 wurde laut IW Köln knapp die Hälfte der Beschäftigten nach Tarifvertrag bezahlt. Besonders gering ist die Tarifbindung bei geringfügig Beschäftigten und in kleinen und mittleren Unternehmen.
Am Beispiel Brandenburgs zeigt eine Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung vom 22.04.2024 die negativen Auswirkungen fehlender Tarifbindung auf Löhne und Arbeitsbedingungen. Beschäftigte ohne Tarifvertrag verdienen dort deutlich weniger als Arbeitnehmer in tarifgebundenen Betrieben. Die Studie erörtert auch Möglichkeiten zur Stärkung der Tarifbindung, wie die Einführung von Tariftreuevorgaben im Vergabegesetz und die Überführung öffentlicher Unternehmen in die Tarifbindung.
Verdi unterstreicht die Bedeutung von Tarifverträgen und erklärt, dass diese einen schriftlichen Vertrag zwischen Arbeitgeber bzw. Arbeitgeberverband und Gewerkschaft darstellen (24.06.2013). Tarifverträge regeln Löhne, Gehälter, Arbeitszeiten, Urlaubstage und weitere Arbeitsbedingungen. Sie bieten Vorteile für Arbeitnehmer und Arbeitgeber, indem sie faire Wettbewerbsbedingungen schaffen und die Friedenspflicht gewährleisten.
Der Beteiligungsbericht des Landes Mecklenburg-Vorpommern nennt auch die Gehälter der Geschäftsführer der landeseigenen Unternehmen. Diese variieren erheblich und liegen zwischen rund 86.000 Euro und 212.000 Euro. Auch bei der Besetzung von Führungspositionen mit Frauen besteht laut Bericht Nachholbedarf. Der Frauenanteil in Geschäftsführungen und Vorständen beträgt lediglich 24 Prozent.