Der neue thüringische Koalitionsvertrag von CDU, BSW und SPD sorgt für heftige Kritik von Naturschutzorganisationen. Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) am 7. Dezember 2024 berichtete, stehen die im Vertrag festgehaltenen Pläne zur „Regulierung der Wolfbestände“ im Zentrum der Auseinandersetzung. Der Nabu Thüringen befürchtet, dass die Jagd auf Wölfe als vermeintliche Lösung für die Probleme der Weidetierhalter priorisiert wird, anstatt die eigentlichen Ursachen anzugehen (Zeit Online, 07.12.2024).
Der Koalitionsvertrag sieht ein „Wolf- und Wildtiermanagement“ vor, das „die rechtlichen Grundlagen für die Regulierung der Wolfbestände“ schaffen und Entschädigungen für Schäden an Weidetieren ermöglichen soll. Der Nabu wertet diese Formulierungen als Angriff auf den Artenschutz. Dagegen begrüßen der Landesverband Thüringer Schafzüchter und der Thüringer Bauernverband die in Aussicht gestellten Erleichterungen für Wolfsabschüsse. Insbesondere Wölfe, die trotz hoher Schutzzäune Weidetiere reißen, sollten einfacher geschossen werden dürfen, fordert André Rathgeber, Fachreferent beim Thüringer Bauernverband (Stern, 07.12.2024).
Rathgeber verweist auf einen Beschluss des Europarats, der eine Herabstufung des Schutzstatus des Wolfs vorsieht. Die Umsetzung in EU-Recht wird jedoch voraussichtlich noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Bereits am 5. Dezember 2024 berichtete Newsflix über die europaweite Diskussion um die Senkung des Schutzstatus für Wölfe (Newsflix, 05.12.2024). Spektrum.de berichtete bereits am 25. September 2024 über die EU-Entscheidung, den Weg für die Jagd auf Wölfe freizumachen (Spektrum.de, 25.09.2024).
Sowohl der Nabu als auch der Bauernverband sind sich einig, dass Weidetierhalter mehr Unterstützung benötigen. Die Schafzucht sei wirtschaftlich schwierig, gleichzeitig seien die Tiere als Landschaftspfleger unverzichtbar. Anstatt Wölfe zu schießen, fordert Nabu-Wolfexperte Silvester Tamás eine höhere gesellschaftliche und wirtschaftliche Anerkennung der Weidetierhaltung. Auch der Tierschutzbund unterstreicht die Bedeutung von Herdenschutzmaßnahmen und betont die geringe Gefahr, die von Wölfen für Menschen ausgeht (Tierschutzbund).
Der Nabu Thüringen zeigt sich zudem besorgt über die möglichen Auswirkungen auf andere Wildtierarten. Die im Koalitionsvertrag erwähnte „Regulierung“ von Wildtieren, die die Lebensmittelproduktion beeinträchtigen, könnte die Jagd auf Biber und Fischotter ermöglichen. Diese Tiere spielen eine wichtige Rolle im Ökosystem, werden aber von manchen als Schädlinge betrachtet. Nabu-Naturschutzreferent Marcus Orlamünder plädiert für ein Wildtiermanagement, das die Bedürfnisse von Mensch und Natur gleichermaßen berücksichtigt. Tierschutz Austria warnt, die Debatte um den Wolfsschutz könnte den gesamten Artenschutz in Europa gefährden (Tierschutz Austria, 17.10.2024). Der NABU verweist auf die strengen Schutzbestimmungen für den Wolf und fordert einen differenzierten Umgang mit dem Tier (NABU). Pro Wildlife kritisiert Deutschlands Zustimmung zur Schwächung des Wolfsschutzes scharf und bezeichnet sie als Angriff auf den Artenschutz (Pro Wildlife).