Donald Trumps mögliche Rückkehr ins Weiße Haus wirft Fragen zur zukünftigen US-Politik im Ukraine-Krieg auf. Seine "America First"-Doktrin dürfte dabei eine zentrale Rolle spielen. Ein Aufsatz von Keith Kellogg, Trumps ehemaligem Sonderbeauftragten für die Ukraine und Russland, bietet Einblicke in die mögliche Ausrichtung. Zusammen mit dem Ex-CIA-Analysten Fred Fleitz skizziert Kellogg im April im Auftrag des "America First Policy Institute" einen harten Kurswechsel, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet.
Für Kellogg und Fleitz ist der Ukraine-Krieg eine "vermeidbare Krise", die durch die ihrer Ansicht nach schwache Außenpolitik der Biden-Administration verursacht wurde. "America First" bedeutet für sie starke präsidiale Führung, ein robustes Militär, einen bedachten Einsatz militärischer Gewalt und die Vermeidung "unnötiger Kriege". Gleichzeitig sollen Verbündete stärker in die regionale Sicherheitspolitik eingebunden werden, so die FAZ.
Trump habe diese Prinzipien in seiner ersten Amtszeit bereits umgesetzt, argumentiert Kellogg, indem er die NATO-Verteidigungsausgaben erhöhte, Sanktionen gegen Nord Stream 2 verhängte und Waffen an die Ukraine lieferte. Putins Handeln sei durch Trumps Bereitschaft, alle "Hebel amerikanischer Macht" zu nutzen, eingedämmt worden. Als weitere Beispiele nennt Kellogg laut FAZ Trumps Drohungen gegenüber Nordkorea, die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem und Militäreinsätze in Syrien und Afghanistan.
Biden hingegen habe diese Prinzipien vernachlässigt, kritisiert Kellogg. Die Aufhebung der Nord-Stream-2-Sanktionen und die aus seiner Sicht unzureichende Militärhilfe vor dem russischen Einmarsch werden bemängelt. Besonders Bidens Fokus auf westliche Werte, Menschenrechte und Demokratie sieht Kellogg als Fehler an. Stattdessen hätte Biden eine pragmatische "Arbeitsbeziehung" mit Russland priorisieren sollen, berichtet die FAZ.
Kellogg plädiert für einen Waffenstillstand und die Fortsetzung von Waffenlieferungen an die Ukraine, jedoch nur unter der Bedingung, dass Kiew Friedensverhandlungen mit Moskau aufnimmt. Ein NATO-Beitritt der Ukraine solle langfristig ausgeschlossen werden. Im Gegenzug könnte Russland eine Lockerung der Sanktionen in Aussicht gestellt bekommen. Der Wiederaufbau der Ukraine solle durch eine Abgabe auf russische Energieexporte finanziert werden, so die FAZ.
Auch die "Berliner Zeitung" analysiert den Einfluss von Trumps "America First"-Politik auf die Ukraine. Der Artikel hebt hervor, dass Trumps Sicherheitspolitiker vor allem an einem schnellen Kriegsende interessiert seien, selbst wenn dies für die Ukraine mit erheblichen Zugeständnissen verbunden wäre. Der erwähnte "Research Report" des "Center for Security Policy" des "America First Policy Institute" wird als wichtige Grundlage für Trumps zukünftige Sicherheitspolitik genannt.
Die "Morgenpost" berichtet über Kelloggs Pläne zur Beendigung des Krieges, die auf einer "Friedensregelung durch Stärke" basieren. Der Plan sieht eine Feuerpause, Verhandlungen und Anreize für beide Seiten vor: Russland könnte mit einer Lockerung der Sanktionen und dem Verzicht der Ukraine auf einen NATO-Beitritt rechnen. Die Ukraine erhielte weiterhin US-Waffen und Sicherheitsgarantien. Die "Morgenpost" erwähnt auch Kritik an Kelloggs Plan, der als "unausgewogen" und Russland begünstigend wahrgenommen wird.
Die "Kleine Zeitung" analysiert die Auswirkungen eines möglichen Trump-Wahlsiegs auf die Ukraine und betont die zunehmende Skepsis der Republikaner gegenüber weiterer Unterstützung für Kiew. Republikanische Politiker, die den Krieg als "europäische Angelegenheit" betrachten und die Einstellung der Hilfen fordern, werden zitiert. Die "America First"-Doktrin habe sich innerhalb der Republikaner fest etabliert und werde im Falle eines Wahlsiegs Trumps die europäische Sicherheitspolitik vor große Herausforderungen stellen.
Telepolis beleuchtet die mögliche "Europäisierung" des Ukraine-Kriegs unter Trump. Eine Reduzierung des finanziellen Engagements der USA und die Nutzung des Konflikts als Absatzmarkt für US-Rüstungsgüter werden als mögliche Szenarien dargestellt. Die "America First"-Doktrin wird in diesem Kontext als Fortsetzung der US-Militärdoktrin der "Full Spectrum Dominance" interpretiert.
Der "Tagesspiegel" interviewt den Militärexperten Greg Melcher, der die russische Atomdrohung als Bluff bezeichnet und die Pattsituation im Krieg hervorhebt. Er kritisiert die hohen Verluste der russischen Seite und Putins Umgang mit der eigenen Bevölkerung.
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