Der Deutsche Turner-Bund (DTB) steht erneut im Zentrum eines Skandals um Missbrauchsvorwürfe im Kunstturnen. Wie die Zeit unter Berufung auf eine Meldung der Deutschen Presse-Agentur berichtet, lässt die frühere Bundestrainerin Ulla Koch ihr Amt als DTB-Vizepräsidentin vorübergehend ruhen. Dieser Schritt erfolge "im Sinne eines optimalen Aufarbeitungsprozesses" und gelte für die Dauer der Aufarbeitung, teilte der Verband mit.
Hintergrund sind schwere Vorwürfe mehrerer ehemaliger Auswahl-Turnerinnen gegen die Arbeit am Bundesstützpunkt in Stuttgart. Wie der Tagesspiegel berichtet, kritisierten die Athletinnen "systematischen körperlichen und mentalen Missbrauch" sowie katastrophale Umstände. Der DTB und der Schwäbische Turnerbund (STB) haben angekündigt, die Geschehnisse aufzuarbeiten.
Als erste Konsequenz aus den Vorwürfen wird das bisher in Stuttgart vorläufig freigestellte Trainer-Duo nicht in den Trainingsbetrieb im Kunstturnforum zurückkehren. Dies deckt sich laut Zeit mit Informationen der Deutschen Presse-Agentur.
Der Spiegel berichtet, dass sich mittlerweile insgesamt 14 Athletinnen mit Vorwürfen an die Öffentlichkeit gewandt haben. Sie werfen einer ehemaligen Chemnitzer Trainerin vor, sie mental misshandelt, ihnen zum Teil starke Schmerzmittel gegeben oder sie in die Essstörung getrieben zu haben. Die beschuldigte Trainerin bestreitet die Vorwürfe.
Der Deutsche Turner-Bund hat laut Spiegel eine Rechtsanwaltskanzlei eingeschaltet, die mithilfe einer Psychologin die Vorwürfe der Athletinnen untersuchen soll. In den kommenden Tagen werden weitere Neuigkeiten im Aufklärungsprozess erwartet - unter anderem zur Besetzung der Untersuchungskommission, die der DTB einsetzen will.
Wie die Zeit berichtet, hatten der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) und das Kultusministerium Baden-Württemberg eine genaue Aufarbeitung der Vorfälle gefordert. Der Sportausschuss des Bundestages könnte sich ebenfalls mit dem Thema befassen.
Der Skandal wirft erneut ein Schlaglicht auf die Trainingsmethoden im Spitzensport. Wie der Tagesspiegel anmerkt, stellt sich die Frage, wie weit das Streben nach Erfolg im Leistungssport gehen darf. Der Deutsche Turner-Bund steht nun vor der Herausforderung, Konsequenzen zu ziehen und eine Kultur des respektvollen Umgangs in der Nachwuchsförderung zu etablieren.