7.12.2024
Uljana Wolf und die Frankfurter Schoeller-Dozentur für literarisches Übersetzen

Uljana Wolf lehrt literarisches Übersetzen in Frankfurt

Die bekannte, für ihre experimentelle und mehrsprachige Lyrik geschätzte Dichterin Uljana Wolf hat die Monika-Schoeller-Dozentur für literarisches Übersetzen in Frankfurt angetreten. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) berichtet, ist sie die erste Gastdozentin dieser neu eingerichteten Position. Das Freie Deutsche Hochstift, die Goethe-Universität und die S. Fischer Stiftung haben die Dozentur gemeinsam geschaffen, um Literatur und Kunst im Sinne der 2019 verstorbenen, langjährigen Fischer-Verlagsleiterin Monika Schoeller zu fördern.

Für Uljana Wolf, die bereits im Alter von 13 Jahren mit dem Schreiben begann, stellt das Übersetzen ein „kontinuierliches Gespräch“ dar. Die F.A.Z. berichtet, dass ihre Leidenschaft dafür während des Studiums in einer deutsch-polnischen Übersetzerwerkstatt geweckt wurde. Obwohl sie zu diesem Zeitpunkt kein Polnisch sprach, inspirierte sie diese Erfahrung dazu, die Sprache zu erlernen und das Übersetzen zu einem zentralen Bestandteil ihrer Arbeit zu machen.

Übersetzen und eigenes Schreiben sind für Wolf eng miteinander verbunden – zwei verschiedene Ansätze, Sprache zu erkunden. Die F.A.Z. zitiert sie: "Der Zauber des literarischen Übersetzens liegt nicht nur darin, das mehr oder weniger Ferne in die eigene Sprache zu holen, sondern dass dabei auch das Nahe fremd wird." Die Auseinandersetzung mit anderen Sprachen schärfe den Blick für die eigene Muttersprache und deren Konstruiertheit.

Wolf betrachtet jedes Gedicht als ein Formexperiment. Das Übersetzen ermögliche es ihr, dieses Experiment aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten. "Jede Sprache ist inhärent vielsprachig, trägt Wurzeln, Formen, Erinnerungen, Anreicherungen anderer Sprachen in sich", erklärt sie laut F.A.Z. In ihrem ersten Gedichtband "Kochanie, ich habe Brot gekauft" (kookbooks, 2005) vergleicht sie Gedichte mit Hunden, die im Chor bellen und so miteinander kommunizieren.

Wie die F.A.Z. berichtet, unterstrich Wolf in ihrer Antrittsvorlesung am Freien Deutschen Hochstift die Bedeutung von Klang, Rhythmus und Buchstabentexturen bei der Übersetzung von Lyrik. Dieses "Surren" der Sprache, so Wolf, mache die "verführerische Wirkung" literarischer Texte aus. Neben der Vorlesung leitete Wolf auch einen Workshop für Studierende der Goethe-Universität, die am Begleitseminar zur Dozentur teilnehmen. Ein weiterer Workshop und eine Lesung mit Gespräch sind für Januar 2025 geplant. Bereits im November fand, wie auf avldigital.de angekündigt, ein Workshop zum Thema "Dichten und Übersetzen" im Deutschen Romantik-Museum statt, organisiert von Professor Dr. Frederike Middelhoff und Professor Dr. Caroline Sauter.

Uljana Wolf übersetzt Lyrik aus verschiedenen Sprachen, darunter Belarussisch und Englisch, ins Deutsche und hat auch deutsche Lyrik, beispielsweise von Christine Lavant, ins Englische übertragen. Auf toledo-programm.de beschreibt Brigitte Oleschinski den Prozess der Übersetzung von Lina Atfahs Gedichten aus dem Arabischen und beleuchtet dabei die Herausforderungen und die "Transitzone" zwischen den Sprachen. Auch die politische Dimension des Übersetzens, besonders im Kontext von Exil und Gewalt, wird thematisiert.

Wolf fordert von der Politik mehr Anerkennung für das Literaturübersetzen, insbesondere im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz. Sie plädiert für eine verstärkte Förderung von Übersetzern und gleichzeitig für eine Regulierung des KI-Einsatzes in diesem Bereich. Gedichte seien, so zitiert sie die kanadische Dichterin Erin Mouré, eine "tragbare Form des Denkens", die es zu schützen gelte.

Quellen:

- Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.): https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/kultur/uljana-wolf-unterrichtet-uebersetzen-in-frankfurt-110121698.html

- avldigital.de: https://www.avldigital.de/vernetzen/details/event/uljana-wolf-dichten-und-uebersetzen-workshop/Deutscher

- toledo-programm.de: https://www.toledo-programm.de/journale/5170/transmitterzwitter

- uebersetzerfonds.de: https://www.uebersetzerfonds.de/

- deutscheoperberlin.de: https://deutscheoperberlin.de/de_DE/pressebereich

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