19.10.2024
Entlastung für Pflegende: Alles Wichtige zur Verhinderungspflege

Ansprüche oft nicht bekannt: Verhinderungspflege für pflegende Angehörige

Einleitung

Pflegende Angehörige sind das Rückgrat der häuslichen Pflege in Deutschland. Doch die Belastungen, die mit der Pflege eines Familienmitglieds einhergehen, sind erheblich. Viele wissen nicht, dass es Möglichkeiten gibt, sich zeitweise von diesen Aufgaben zu entlasten. Eine dieser Möglichkeiten ist die Verhinderungspflege. Dieser Artikel beleuchtet die Verhinderungspflege, ihre Voraussetzungen, die Beantragung und die finanziellen Aspekte, um pflegenden Angehörigen eine umfassende Orientierung zu bieten.

Was ist Verhinderungspflege?

Verhinderungspflege, auch Ersatzpflege genannt, ist eine Leistung der Pflegeversicherung, die dazu dient, pflegende Angehörige zu entlasten, wenn sie vorübergehend verhindert sind. Dies kann durch Krankheit, Urlaub oder andere Gründe der Fall sein. Die Pflegekasse übernimmt in dieser Zeit die Kosten für eine notwendige Ersatzpflege.

Voraussetzungen für die Verhinderungspflege

- Die pflegebedürftige Person muss mindestens Pflegegrad 2 haben. - Die Pflegeperson muss den Pflegebedürftigen vor der ersten Verhinderungspflege bereits mindestens sechs Monate in häuslicher Umgebung gepflegt haben. - Die Verhinderungspflege kann durch nahe Angehörige, Freunde, Nachbarn oder professionelle Pflegedienste erfolgen.

Erweiterter Anspruch für Kinder und junge Erwachsene

Seit dem 1. Januar 2024 haben pflegebedürftige Kinder und junge Erwachsene bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres mit Pflegegrad 4 und 5 einen erweiterten Anspruch auf Verhinderungspflege: - Der Anspruch wird von sechs auf acht Wochen verlängert. - Die Voraussetzung der sechsmonatigen Vorpflegezeit entfällt. - Die Leistungen der Kurzzeitpflege können vollständig in Verhinderungspflege umgewandelt werden.

Finanzielle Aspekte der Verhinderungspflege

Pflegebedürftige mit Pflegegrad 2 bis 5 haben Anspruch auf Verhinderungspflegegeld in Höhe von bis zu 1.612 Euro pro Jahr. Dieser Betrag kann auf verschiedene Weisen genutzt werden: - Die Pflegekasse zahlt für bis zu sechs Wochen je Kalenderjahr die nachgewiesenen Kosten der Ersatzpflege. - Wird die Verhinderungspflege von nahen Angehörigen oder Personen, die mit der pflegebedürftigen Person in häuslicher Gemeinschaft leben, nicht erwerbsmäßig übernommen, dürfen die Aufwendungen der Pflegekasse den Betrag des Pflegegeldes für bis zu sechs Wochen, also den 1,5-fachen Betrag des Pflegegeldes, nicht überschreiten. - Notwendige Aufwendungen wie Fahrkosten oder Verdienstausfall können zusätzlich geltend gemacht werden.

Erhöhung des Leistungsbetrags

Ergänzend zum Leistungsbetrag für die Verhinderungspflege können im Kalenderjahr bis zu 806 Euro des noch nicht in Anspruch genommenen Leistungsbetrags der Kurzzeitpflege für die Verhinderungspflege genutzt werden. Damit stehen bis zu 2.418 Euro im Kalenderjahr für die Verhinderungspflege zur Verfügung.

Verschiedene Formen der Verhinderungspflege

Die Verhinderungspflege kann in verschiedenen Formen in Anspruch genommen werden: - Stundenweise Verhinderungspflege: Diese Form kann sinnvoll sein, wenn die Pflegeperson nur für wenige Stunden verhindert ist. Für diesen Zeitraum wird das Pflegegeld nicht gekürzt, sofern die Verhinderung nicht länger als acht Stunden pro Tag beträgt. - Tageweise Verhinderungspflege: Hierbei wird die Pflegeperson für volle Tage vertreten. In diesem Fall wird das Pflegegeld für die Dauer der Verhinderung um 50 Prozent gekürzt.

Beantragung der Verhinderungspflege

Der Antrag auf Verhinderungspflege kann sowohl von der pflegebedürftigen Person selbst als auch von einer bevollmächtigten Person bei der zuständigen Pflegekasse eingereicht werden. Der Antrag sollte folgende Angaben enthalten: - Dauer der Verhinderung - Grund der Verhinderung (optional) - Angaben zur Ersatzpflegeperson oder zum Pflegedienst Es ist ratsam, den Antrag frühzeitig zu stellen, besonders wenn die Verhinderungspflege geplant ist. In Notfällen kann die Verhinderungspflege auch rückwirkend beantragt werden. Wichtig ist, dass alle Belege und Nachweise über die Aufwendungen gesammelt und eingereicht werden.

Alternative zur Verhinderungspflege: Kurzzeitpflege

Die Kurzzeitpflege ist eine Alternative zur Verhinderungspflege, bei der die pflegebedürftige Person vorübergehend in einer Pflegeeinrichtung untergebracht wird. Die Pflegekasse übernimmt hierfür einen Betrag von bis zu 1.774 Euro pro Jahr. Die Kurzzeitpflege kann auch mit der Verhinderungspflege kombiniert werden. Wird die Kurzzeitpflege nicht vollständig in Anspruch genommen, können bis zu 806 Euro des Kurzzeitpflegebetrags für die Verhinderungspflege genutzt werden.

Rechenbeispiele zur Verhinderungspflege

- Ein Pflegebedürftiger mit Pflegegrad 4 erhält monatlich 728 Euro Pflegegeld. Wenn die Verhinderungspflege durch einen Verwandten übernommen wird, erhält dieser Verwandte maximal das 1,5-fache des Pflegegeldes, also 1.092 Euro. Dazu können noch notwendige Aufwendungen wie Fahrtkosten geltend gemacht werden, jedoch darf die Gesamtsumme von 1.612 Euro nicht überschritten werden. - Ein Pflegebedürftiger mit Pflegegrad 5 hat Anspruch auf 947 Euro Pflegegeld pro Monat. Bei einer stundenweisen Verhinderungspflege durch einen Nachbarn kann dieser bis zu 1.612 Euro pro Jahr erhalten, ohne dass das Pflegegeld des Pflegebedürftigen gekürzt wird.

Steuerliche Aspekte der Verhinderungspflege

Einnahmen aus der Verhinderungspflege sind grundsätzlich steuerfrei, wenn die Pflege durch nahe Angehörige oder andere Personen erfolgt, die eine sittliche Pflicht zur Pflege erfüllen. Diese Einnahmen müssen jedoch in der Steuererklärung angegeben werden. Werden die Pflegeleistungen gewerbsmäßig erbracht, sind die Einnahmen steuerpflichtig.

Das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz

Mit dem Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) wurden im Bereich der Verhinderungspflege und der Kurzzeitpflege einige Änderungen eingeführt: - Ab dem 1. Juli 2025 wird ein gemeinsames Jahresbudget für alle Pflegebedürftigen ab Pflegegrad 2 eingeführt. - Für junge Pflegebedürftige der Pflegegrade 4 und 5 gelten bereits seit dem 1. Januar 2024 erweiterte Ansprüche.

Fazit

Die Verhinderungspflege ist eine wichtige Leistung, um pflegende Angehörige zu entlasten und ihre Gesundheit zu schützen. Sie bietet die Möglichkeit, sich eine Auszeit zu nehmen, ohne dass die pflegebedürftige Person auf notwendige Unterstützung verzichten muss. Es ist wichtig, sich frühzeitig über die Möglichkeiten und Voraussetzungen zu informieren und die entsprechenden Anträge rechtzeitig zu stellen. So können pflegende Angehörige die Verhinderungspflege optimal nutzen und ihre eigene Belastung reduzieren.
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