19.10.2024
Die Zukunft der Mensch-Maschine-Beziehung im Zeitalter der Automatisierung

Mensch und Maschine: Robert Skidelskys Buch „Werden wir ersetzt?“

Robert Skidelskys neues Buch „Werden wir ersetzt? Vom Fortschrittswahn zu einer Ökonomie des gerechten Lebens“ beleuchtet die komplexe Beziehung zwischen Mensch und Maschine im Kontext der fortschreitenden technologischen Entwicklungen. Der britische Wirtschaftshistoriker und emeritierte Professor für Politische Ökonomie an der University of Warwick, Skidelsky, stellt in seinem Werk grundlegende Fragen zu den Auswirkungen der Automatisierung und der Künstlichen Intelligenz auf unsere Gesellschaft.

Das Buch ist in drei Hauptabschnitte gegliedert. Im ersten Teil wird die historische Entwicklung der Mechanisierung der Arbeit nachgezeichnet. Skidelsky argumentiert, dass die Regelung von Eigentumsrechten und Erbrechtsfragen entscheidend für die Industrialisierung war, da sie Anreize für Investitionen schuf und die Akkumulation von Kapital förderte. Diese Perspektive zeigt, wie tief verwurzelt die Beziehung zwischen Mensch und Maschine in der Geschichte ist und wie sie durch wirtschaftliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen geprägt wurde.

Der zweite Teil des Buches widmet sich dem Streben nach Perfektion, das Skidelsky als treibende Kraft des technologischen Fortschritts identifiziert. Er beleuchtet die Rolle von Naturwissenschaftlern und Ingenieuren und diskutiert, wie das Streben nach Perfektion auch eine Abwendung von traditionellen religiösen Werten impliziert. Diese Argumentation führt zu einer kritischen Reflexion über die ethischen Implikationen des technologischen Fortschritts und stellt die Frage nach den Grenzen des menschlichen Strebens nach Verbesserung.

Im dritten Teil wird die Entwicklung künstlicher kognitiver Fähigkeiten thematisiert. Skidelsky beschreibt den Weg von den mechanischen Rechenmaschinen des 19. Jahrhunderts bis hin zu modernen KI-Programmen wie Alphazero und ChatGPT. Diese Entwicklung wirft die Frage auf, inwieweit Maschinen in der Lage sind, menschliche Fähigkeiten zu imitieren oder sogar zu übertreffen und welche Konsequenzen dies für die zukünftige Arbeitswelt hat.

Ein zentrales Thema des Buches ist die Frage, ob wir die Maschinen kontrollieren oder ob die Maschinen uns kontrollieren. Diese Dichotomie stellt sich besonders drängend in einer Zeit, in der die Technologie rasant voranschreitet und immer mehr Lebensbereiche durch Automatisierung betroffen sind. Skidelsky fordert dazu auf, sich mit den grundlegenden Fragen auseinanderzusetzen, die sich aus diesem Fortschritt ergeben: Wie können wir eine gerechte Arbeitswelt schaffen? Was bedeutet es, Mensch zu sein, wenn Maschinen viele unserer Aufgaben übernehmen?

Die Erzählweise Skidelskys ist dabei sowohl historisch als auch philosophisch fundiert. Er greift auf die Gedanken führender Denker von der Antike bis ins 21. Jahrhundert zurück, um die Entwicklung des technischen Fortschritts und seine Auswirkungen auf die Menschheit zu beleuchten. Diese umfassende Betrachtung ist jedoch nicht ohne Schwächen. Kritiker bemängeln, dass das Buch an einer klaren, gut begründeten These mangelt und die Argumentation in Teilen sprunghaft und oberflächlich wirkt. So werden bekannte Motive aus Geschichte und Philosophie referiert, ohne dass eine tiefere Analyse der aktuellen Herausforderungen im Umgang mit Künstlicher Intelligenz erfolgt.

Ein weiteres Problem ist das Missverständnis grundlegender Begriffe, wie beispielsweise der Unterschied zwischen Intelligenz und Bewusstsein. Skidelsky stellt die Frage, ob Maschinen Bewusstsein entwickeln können, ohne die Komplexität der Diskussion um künstliche Intelligenz und deren ethische Implikationen vollständig zu erfassen. Diese Unklarheiten werfen Fragen auf, die in der gegenwärtigen Debatte um die Regulierung von Künstlicher Intelligenz von zentraler Bedeutung sind.

Das Buch endet mit einem Aufruf zu einer gesellschaftlichen Debatte über die Zukunft der Mensch-Maschine-Interaktion. Skidelsky fordert dazu auf, eine Vision für eine gerechte und nachhaltige Zukunft zu entwickeln, die sowohl technologische Innovationen als auch die sozialen Bedürfnisse der Menschen berücksichtigt. Diese Perspektive ist besonders relevant in einer Zeit, in der die technologische Entwicklung oft schneller voranschreitet als die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit ihren Folgen.

Insgesamt bietet „Werden wir ersetzt?“ einen tiefen Einblick in die Herausforderungen und Chancen, die der technologische Fortschritt mit sich bringt. Skidelskys Werk ist sowohl eine Aufforderung zur Reflexion als auch ein Beitrag zur dringend benötigten Debatte über die Rolle des Menschen in einer zunehmend automatisierten Welt.

Das Buch ist im Kunstmann Verlag erschienen und umfasst 400 Seiten. Es ist sowohl als gebundenes Buch als auch als E-Book erhältlich. Die Übersetzung stammt von Enrico Heinemann. Die Veröffentlichung ist für März 2024 geplant.

Für weitere Informationen über Robert Skidelskys Werk und seine Ansichten über die Beziehung zwischen Mensch und Maschine können die Rezensionen und Kritiken in verschiedenen Medien konsultiert werden, darunter auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung.

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