19.10.2024
Wohnungsnot in Deutschland: Kampf gegen die Baukrise und soziale Stabilität
Die Baukrise und der damit verbundene Kampf gegen den Wohnungsmangel sind zentrale Herausforderungen für die Bundesregierung und die deutsche Gesellschaft. In deutschen Städten wie Berlin suchen viele Mieter vergeblich nach bezahlbarem Wohnraum. Die Situation am Wohnungsmarkt hat sich in den letzten Jahren zu einer sozialen Frage entwickelt, die das Potenzial hat, die gesellschaftliche Stabilität zu beeinträchtigen. Der Bedarf an neuem Wohnraum ist groß, doch hohe Baukosten, ein rasanter Anstieg der Bau- und Energiekosten, sowie eine deutliche Erhöhung der Bauzinsen verhindern viele Bauprojekte. In der Baubranche wird von einem „toxischen Mix“ gesprochen. Experten warnen vor einem „dramatischen“ Einbruch bei den Wohnungsfertigstellungen und fordern schnelle Gegenmaßnahmen von Bund und Ländern. Die Bauwirtschaft ist in einer ernsten Krise. Infolgedessen hat die Bundesregierung einen radikalen Kurswechsel in der Baupolitik angekündigt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat vorgeschlagen, neue Stadtteile zu bauen, um dem Mangel entgegenzuwirken. Dennoch sind solche Maßnahmen nur langfristig umsetzbar, sodass kurzfristige Lösungen erforderlich sind. Von Januar bis November 2023 sank die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen um knapp 26 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf 238.500 Wohnungen. Ein Grund dafür ist, dass Bauen in Deutschland derzeit zu teuer ist. Nach Berechnungen von Experten liegt der bundesweite Medianwert für den Bau eines Quadratmeters Wohnfläche, inklusive Grundstückskosten, deutlich über 5.000 Euro. Daraus resultiert eine Quadratmetermiete für eine neue Wohnung, die durchschnittlich bei 21 Euro liegen müsste – eine Summe, die für viele unerschwinglich ist. Die Bundesregierung hat diverse Maßnahmen auf den Weg gebracht, um die Baukonjunktur anzukurbeln. Dazu gehören finanzielle Anreize, schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren, der Verzicht auf geplante energetische Baustandards, sowie die Förderung energiesparsamer Häuser und Wohnungen. Besondere Förderprogramme sollen jungen Familien zugutekommen, die alte Immobilien renovieren. Die Neugründung von Bau-Genossenschaften wird unterstützt, und für den sozialen Wohnungsbau sind bis 2027 mehr als 18 Milliarden Euro an Bundesmitteln vorgesehen. Die Reaktionen aus der Bauwirtschaft auf die Ankündigungen der Bundesregierung sind verhalten positiv. Es wird ein grundsätzliches Verständnis dafür signalisiert, dass die Regierung die Tragweite der Situation erkannt hat. Doch die auf den Weg gebrachten Maßnahmen brauchen Zeit, um zu greifen. Die Gründe für den akuten Wohnungsmangel in Deutschland sind vielfältig. Neben den hohen Kosten sind eine steigende Bevölkerungszahl und eine zunehmende Urbanisierung zu nennen. Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) schätzt, dass Deutschland im Jahr 2023 rund 600.000 Wohnungen fehlen werden. Bis 2027 könnte diese Zahl auf 830.000 ansteigen. Die Bundesregierung hat das Ziel, jährlich 400.000 Wohnungen zu bauen, wovon 100.000 Sozialwohnungen sein sollen. Dieses Ziel ist ambitioniert und entspricht dem historischen Mittelwert der Wohnungsneubauten in Deutschland seit 1950. Allerdings wurden zuletzt deutlich weniger Wohnungen fertiggestellt. Die Herausforderungen im Wohnungsbau sind also enorm und erfordern ein konzertiertes Vorgehen von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.
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