19.10.2024
Bund plant schrittweisen Ausstieg aus Commerzbank-Beteiligung

Bund leitet Verkauf des Staatsanteils an der Commerzbank ein

Rund 16 Jahre nach der globalen Finanzkrise hat die Bundesregierung beschlossen, sich schrittweise von ihrer Beteiligung an der Commerzbank zu trennen. Diese Entscheidung wurde am 3. September 2024 von Florian Toncar, dem parlamentarischen Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, bekannt gegeben. Der Bund hält derzeit einen Anteil von 16,49 Prozent an der Commerzbank, den er im Rahmen der Bankenrettung während der Finanzkrise 2008 und 2009 erworben hatte.

Der Einstieg des Bundes in die Commerzbank war eine Reaktion auf die massiven finanziellen Schwierigkeiten, in die die Bank damals geraten war. Insgesamt hatte der Staat Kapitalhilfen in Höhe von 18,2 Milliarden Euro bereitgestellt, um die Stabilität des Finanzmarktes zu sichern. Bis heute wurden bereits 13,15 Milliarden Euro zurückgezahlt, was bedeutet, dass noch rund 5 Milliarden Euro ausstehen.

Stabile Entwicklung der Commerzbank

Die Commerzbank hat sich in den letzten Jahren erheblich erholt. Seit 2021 zeigt die Bank eine kontinuierliche Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Situation. Laut Eva Grunwald, der Geschäftsführerin der Finanzagentur, ist die Entscheidung des Bundes, seinen Anteil zu reduzieren, eine angemessene Reaktion auf die positive Entwicklung der Bank. Toncar bezeichnete die Commerzbank als ein „stabiles und ertragsstarkes Institut“ und betonte, dass die Reduzierung der Bundesbeteiligung ein Zeichen für die Stärke der Bank und des Finanzstandorts Deutschland sei.

Die genaue Vorgehensweise für den Verkauf des Aktienpakets wird noch festgelegt. Die Finanzagentur des Bundes plant, den Verkauf „transparent, diskriminierungsfrei und marktschonend“ durchzuführen. Dies bedeutet, dass der Verkauf nicht überstürzt erfolgen soll, um einen plötzlichen Rückgang des Aktienkurses zu vermeiden. Über die nächsten Schritte wird der interministerielle Lenkungsausschuss zu gegebener Zeit entscheiden.

Finanzielle Auswirkungen für den Bund

Die Entscheidung, sich von der Commerzbank zu trennen, könnte für den Bund jedoch mit einem erheblichen finanziellen Verlust verbunden sein. Der durchschnittliche Kaufpreis pro Aktie liegt bei etwa 26 Euro, während der aktuelle Börsenkurs bei rund 13,09 Euro liegt. Dies würde bedeuten, dass der Bund beim Verkauf der Aktien einen Verlust von etwa 50 Prozent realisieren könnte. Dennoch ist der Verlust im Vergleich zu den Verlusten, die im Jahr 2020 verzeichnet wurden, geringer, als der Aktienkurs damals auf unter 3 Euro gefallen war.

Die Erlöse aus dem Verkauf der Commerzbank-Aktien werden nicht dem Bundeshaushalt zugutekommen, sondern fließen in den Bankenrettungsfonds Soffin, der zur Stabilisierung des Finanzmarktes eingerichtet wurde. Dies bedeutet, dass die Bundesregierung trotz des Verkaufs keinen unmittelbaren finanziellen Spielraum für den Haushalt gewinnen wird.

Die Rolle der Commerzbank in der Finanzkrise

Der Einstieg des Bundes in die Commerzbank war ein entscheidender Schritt zur Wahrung der Finanzmarktstabilität während der Finanzkrise. Die Pleite der Investmentbank Lehman Brothers im Jahr 2008 hatte eine Kettenreaktion ausgelöst, die viele Banken in eine existenzielle Krise stürzte. Der Staat intervenierte, um einen Dominoeffekt zu verhindern, der weitreichende wirtschaftliche Folgen hätte haben können.

Die Commerzbank hat sich seitdem nicht nur stabilisiert, sondern auch ihren Gewinn signifikant gesteigert. Im Jahr 2023 erzielte die Bank mit 2,2 Milliarden Euro den höchsten Nettogewinn seit ihrer Gründung vor mehr als 150 Jahren. Vorstandschef Manfred Knof, der seit 2021 im Amt ist, hat eine umfassende Transformation der Bank eingeleitet, die unter anderem den Abbau von Stellen und die Reduzierung des Filialnetzes umfasste.

Ausblick

Der schrittweise Verkauf des Staatsanteils an der Commerzbank markiert einen bedeutenden Wendepunkt in der Geschichte der Bank und des deutschen Finanzmarktes. Die Bundesregierung hat sich in der Vergangenheit zurückhaltend gezeigt, wenn es um den Verkauf von Staatsbeteiligungen ging. Die aktuelle Entscheidung könnte jedoch als Signal für das Vertrauen in die Stabilität der Commerzbank und die positive Entwicklung des deutschen Finanzsektors gewertet werden.

Insgesamt bleibt abzuwarten, wie sich der Markt entwickeln wird und welche konkreten Schritte die Bundesregierung im Hinblick auf den Verkauf der Commerzbank-Anteile unternehmen wird. Die Finanzagentur wird weiterhin die Entwicklungen beobachten und die notwendigen Entscheidungen in Abstimmung mit dem interministeriellen Lenkungsausschuss treffen.

Die Entscheidung des Bundes, sich von der Commerzbank zu trennen, wird auch in den kommenden Wochen und Monaten intensiv verfolgt werden, sowohl von Investoren als auch von Analysten, die die Auswirkungen auf den deutschen Finanzmarkt und die Wirtschaft insgesamt einschätzen werden.

Diese Entwicklungen zeigen, wie wichtig es ist, die Stabilität des Finanzmarktes zu gewährleisten und gleichzeitig die Interessen der Steuerzahler zu wahren. Die Bundesregierung steht vor der Herausforderung, die richtigen Entscheidungen zu treffen, um sowohl die wirtschaftliche Stabilität als auch das Vertrauen in die Finanzinstitutionen zu fördern.

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