Die Stadt Offenbach am Main hat in den letzten Jahren eine wechselhafte finanzielle Entwicklung durchlebt, die sowohl positive als auch negative Aspekte umfasst. Besonders aufschlussreich ist der Kontrast zwischen einem Rekordjahr bei den Gewerbesteuereinnahmen im Jahr 2023 und den prognostizierten finanziellen Schwierigkeiten, die darauf folgten.
Im Jahr 2023 konnte die Stadt Offenbach Rekordeinnahmen in Höhe von 122 Millionen Euro aus der Gewerbesteuer verzeichnen. Diese Summe übertraf die ursprünglichen Erwartungen um 40 Millionen Euro. Stadtkämmerer Martin Wilhelm (SPD) wies darauf hin, dass diese Rekordhöhe auf verschiedene Faktoren zurückzuführen war, darunter temporäre Einmaleffekte sowie erfolgreiche wirtschaftliche Ansiedlungen. Diese Einnahmen waren ein wichtiges Signal für das Wachstum der Stadt und ermöglichten es, einige dringend benötigte Investitionen zu planen.
Dennoch warnte Wilhelm, dass die hohen Einnahmen nicht zu falschen Erwartungen führen sollten. Die wirtschaftlichen Unsicherheiten und die steigenden Ausgaben, insbesondere in den Bereichen Bau und Sanierung von Schulen, würden die Finanzen der Stadt belasten. Trotz des Überschusses von 53 Millionen Euro im Jahr 2023 war die Stadt gezwungen, ihre Rücklagen sinnvoll zu nutzen, um die künftigen Defizite auszugleichen.
Wie es oft der Fall ist, folgt auf eine Phase des finanziellen Erfolgs eine Zeit der Herausforderungen. Für 2024 wurde eine drastische Reduzierung der Gewerbesteuereinnahmen auf 76 Millionen Euro prognostiziert, was einen Rückgang von 14 Millionen Euro im Vergleich zu den ursprünglichen Planungen darstellt. Diese Entwicklung führte zu einer Wiederbesetzungssperre für freie Stellen in der Verwaltung und der vorübergehenden Streichung geplanter Investitionen, wie dem Bau eines Veranstaltungsraums im neuen „Station Mitte“.
Die finanziellen Schwierigkeiten sind nicht nur auf die sinkenden Einnahmen zurückzuführen, sondern auch auf die steigenden Ausgaben. Die Stadt steht vor hohen Investitionen, insbesondere im Bildungsbereich, da ab 2026 eine gesetzlich garantierte Ganztagsbetreuung für Grundschüler eingeführt werden soll. Diese Maßnahmen erfordern erhebliche finanzielle Mittel, die nur durch eine strenge Haushaltsdisziplin und möglicherweise durch die Ansiedlung neuer Unternehmen gedeckt werden können.
Ein weiterer Faktor, der zur Verschärfung der finanziellen Lage beiträgt, sind die allgemeinen Preissteigerungen und die inflationsbedingten Kosten, die die Stadt in den letzten zwei Jahren stark belastet haben. Diese Umstände machen es für die Stadtverwaltung besonders herausfordernd, einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen.
Die aufgebauten Rücklagen, die derzeit bei etwa 165 Millionen Euro liegen, werden als entscheidend angesehen, um die anstehenden finanziellen Herausforderungen zu bewältigen. Kämmerer Wilhelm äußerte jedoch Bedenken, dass diese Rücklagen innerhalb von drei Jahren aufgebraucht sein könnten, wenn die Stadt nicht erfolgreich gegensteuert. Die Notwendigkeit, die Ausgaben zu kontrollieren und gleichzeitig die Einnahmen zu steigern, wird für die kommenden Jahre zur zentralen Herausforderung der Stadtverwaltung.
Die finanzielle Lage in Offenbach zeigt deutlich, wie schnell sich die Umstände ändern können. Ein Rekordjahr bei den Gewerbesteuereinnahmen, das Hoffnung auf eine bessere finanzielle Zukunft gab, führte nur kurze Zeit später zu einer ernsthaften Haushaltssituation, die schnelle und umfassende Maßnahmen erfordert. Die Stadtverwaltung steht vor der Mammutaufgabe, die Balance zwischen Einnahmen und Ausgaben zu finden, um auch in Zukunft handlungsfähig zu bleiben.
Die kommenden Jahre werden zeigen, ob Offenbach die Herausforderungen meistern kann, die sich aus der aktuellen wirtschaftlichen Lage ergeben, und ob es gelungen ist, die notwendigen strukturellen Veränderungen einzuleiten, um die Stadt finanziell zu stabilisieren.
