Angesichts der anhaltenden Konjunkturflaute in Deutschland präsentierte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Mittwoch einen neuen Plan zur Ankurbelung der Wirtschaft. Kern des Konzepts ist ein „Deutschlandfonds“, der Investitionen mit einer Prämie von zehn Prozent fördern soll. Dies berichtet die FAZ. Das Papier mit dem Titel „Update für die Wirtschaft – Impuls für eine Modernisierungsagenda“ wurde kurz vor Habecks Abreise nach Neu-Delhi veröffentlicht, wo er an der Asien-Pazifik-Konferenz der deutschen Wirtschaft und deutsch-indischen Regierungskonsultationen teilnimmt.
Der Zeitpunkt der Veröffentlichung ist kein Zufall. Er folgt auf die jüngste Wachstumsprognose des Internationalen Währungsfonds (IWF), die ein düsteres Bild der deutschen Wirtschaft zeichnet, und fällt in die Woche vor dem Industriegipfel im Kanzleramt. Habecks Initiative kann als direkte Antwort auf die Herausforderungen der aktuellen Wirtschaftslage und als Gegenentwurf zum von Kanzler Scholz angekündigten Industriepakt gesehen werden.
Im Zentrum von Habecks Plan steht eine unbürokratische Investitionsprämie von zehn Prozent, die allen Unternehmen zugutekommen soll – vom Handwerksbetrieb über kleine und mittelständische Unternehmen bis hin zu Großkonzernen. Konkret bedeutet das: Wer beispielsweise 100.000 Euro investiert, erhält vom Staat eine Prämie von 10.000 Euro. Die restlichen 90.000 Euro können wie gewohnt über die Jahre abgeschrieben werden.
Eine allgemeine Senkung der Steuersätze für Unternehmen, wie sie von einigen Seiten gefordert wird, lehnt Habeck ab. Seiner Ansicht nach wäre eine solche Maßnahme weniger zielführend und würde zu wenig zusätzliche Investitionen anregen. Die Investitionsprämie soll hingegen einen direkten Anreiz für Unternehmen schaffen, in neue Maschinen, Anlagen oder andere zukunftsweisende Projekte zu investieren und so die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen.
Die Investitionsprämie soll auf fünf Jahre befristet sein und den bereits anderweitig geförderten Gebäudesektor ausnehmen. Die Auszahlung der Prämie soll unkompliziert über die Steuer erfolgen: Im Jahr der Investition wird sie mit der Steuerschuld des Unternehmens verrechnet. Unternehmen, die keinen Gewinn erwirtschaften, sollen die Prämie als Gutschrift erhalten.
Wie hoch die Kosten für den Staat durch die Investitionsprämie ausfallen würden, lässt Habeck offen. Fest steht jedoch, dass die Finanzierung nicht aus dem laufenden Haushalt erfolgen soll. Stattdessen setzt der Wirtschaftsminister auf die Hebelwirkung der Investitionsprämie: Das durch die Förderung angeregte Wirtschaftswachstum soll dafür sorgen, dass die Staatsverschuldung im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung nur moderat ansteigt.
Mit dieser Argumentation spricht Habeck indirekt die Schuldenbremse an, deren Lockerung er in der Vergangenheit bereits mehrfach gefordert hatte. Sowohl die FDP als auch die CDU hatten sich seinen Forderungen jedoch widersetzt. In seinem Papier zeigt sich Habeck kämpferisch und verweist auf die breite Unterstützung für eine flexiblere Handhabung der Fiskalregeln: „BDI, EZB, OECD, Bundesbank und die überwältigende Mehrheit der Ökonomen plädieren für eine zeitgemäße Anpassung der Fiskalregeln“, schreibt er.
Neben der Investitionsprämie sieht Habecks Plan auch massive staatliche Investitionen in die Infrastruktur vor. Unter Berufung auf Zahlen des Industrieverbands BDI schlägt er für den Bereich Verkehr 100 Milliarden Euro, für Bildung und Forschung 70 Milliarden Euro und für die Digitalisierung 60 Milliarden Euro vor – insgesamt also 230 Milliarden Euro. Auch der Ausbau des Stromnetzes soll „perspektivisch“ über den Deutschlandfonds mitfinanziert werden. Zudem fordert Habeck, wie bereits Kanzler Scholz, eine Senkung der Netzentgelte, um die Unternehmen zu entlasten.
Neben dem Deutschlandfonds skizziert Habeck in seiner „Modernisierungsagenda“ weitere Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft. Er fordert unter anderem eine „drastische Reduzierung der Datenschutzbürokratie“ und ein „Whitelisting von Ländern mit rechtsgleichen Standards“ im Rahmen des Lieferkettengesetzes. Generell setzt er sich für „weniger Berichtspflichten, dafür mehr Eigenverantwortung bei der Einhaltung von Regeln und dann klare und konsequent durchgesetzte Sanktionen“ ein. Um die Erwerbstätigkeit von Frauen zu fördern, schlägt er eine bessere steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten vor.
Auch beim Thema Klimaschutz bekräftigt Habeck die ambitionierten Ziele Deutschlands und Europas. Angesichts zunehmender Forderungen aus Politik und Wirtschaft, den Weg zur Klimaneutralität zeitlich zu strecken, mahnt er zur Verlässlichkeit: „So sollten wir den Ausstieg aus dem fossilen Verbrennungsmotor nicht immer wieder in Frage stellen.“ Gleichzeitig räumt er jedoch ein, dass beim Thema grüner Wasserstoff die Kriterien zu streng seien und den Hochlauf der Technologie blockieren würden. Hier kündigt er eine Änderung an.
Habecks Vorstoß hat bereits erste Reaktionen ausgelöst. Während sich Wirtschaftsverbände grundsätzlich positiv über die Initiative äußern, üben Kritiker die aus ihrer Sicht fehlende Finanzierbarkeit des Vorhabens an. Auch die Frage, ob die vorgeschlagenen Maßnahmen ausreichen, um die deutsche Wirtschaft nachhaltig zu stärken, wird kontrovers diskutiert. Klar ist: Der „Deutschlandfonds“ und die damit verbundenen Maßnahmen werden die politische Debatte in den kommenden Wochen und Monaten maßgeblich prägen.
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