Der kurdische Dichter İlhan Sami Çomak wurde nach drei Jahrzehnten in türkischer Haft entlassen. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) am 27.11.2024 berichtete, gehörte Çomak zu den am längsten inhaftierten politischen Gefangenen des Landes. Die FAZ zitiert aus Briefen Çomaks, in denen er seine Schwierigkeiten schildert, sich ein Leben in Freiheit vorstellen zu können. „Aber mein Verstand kann es nicht erfassen“, schrieb er und erklärte laut FAZ, sein gesamtes Wissen über die Welt stamme aus Büchern und von Besuchern. „Als wäre ich im Gefängnis geboren.“
Çomaks Verhaftung erfolgte 1994 im Alter von 21 Jahren während seines Studiums in Istanbul. Wie Turkish Minute berichtet, verurteilte ihn das mittlerweile aufgelöste Staatssicherheitsgericht, ein Militärgericht. Der Vorwurf: Mitgliedschaft in der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und versuchte gewaltsame Errichtung eines autonomen kurdischen Staates. Turkish Minute erwähnt zudem eine zwischenzeitlich fallengelassene Anklage wegen Brandstiftung. Çomak selbst gab an, unter Folter ein Geständnis abgelegt zu haben. Ursprünglich zum Tode verurteilt, wurde das Urteil später in lebenslange Haft umgewandelt.
Die Welt berichtete am 31.05.2016, dass Çomak aus einer kurdisch-alevitischen Familie stammte. Sein Bruder Sami, ebenfalls wegen PKK-Mitgliedschaft verurteilt, wurde später getötet. Die Familie kämpfte jahrelang für İlhan Çomaks Freilassung. Laut Welt erklärte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte den Prozess gegen Çomak bereits 2007 für unfair. Die türkische Justiz habe sich jedoch zunächst geweigert, den Fall neu aufzurollen.
Im Gefängnis begann Çomak, Gedichte zu schreiben und veröffentlichte mehrere Gedichtbände. Wie Turkish Minute berichtet, erhielt er 2019 den Sennur Sezer-Lyrikpreis für sein achtes Buch "Geldim Sana" (Ich kam zu dir). Er ist außerdem Ehrenmitglied von PEN. Die Kurdische Gemeinde Deutschland setzte sich, wie auf ihrer Webseite am 22.08.2024 berichtet, in offenen Briefen an die Bundesaußenministerin und den EU-Außenbeauftragten für Çomaks Freilassung ein. ANF Deutsch berichtete am 04.04.2018 über die Bestätigung der lebenslangen Haftstrafe durch den türkischen Kassationsgerichtshof. Can Dündar beschrieb Çomaks Situation und sein literarisches Schaffen im Gefängnis in einer Theaterkolumne für das Maxim Gorki Theater.
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