Das Klaasohm-Fest auf Borkum steht vor einem entscheidenden Wendepunkt. Der umstrittene Brauch, bei dem traditionell Frauen von maskierten Männern mit Kuhhörnern geschlagen wurden, soll in diesem Jahr ohne Gewalt stattfinden. Der veranstaltende Verein „Borkumer Jungens von 1830“ hat ein Gewaltverbot und ein Schutzkonzept angekündigt, um einen Neuanfang zu ermöglichen, wie die Zeit berichtet (https://www.zeit.de/news/2024-12/05/borkumer-wollen-klaasohm-ohne-pruegeln-feiern).
Tausende Besucher, darunter auch zahlreiche Journalisten aus ganz Deutschland, werden zum Klaasohm-Fest am Vorabend des Nikolaustages erwartet. Das traditionell eher insular geprägte Fest rückt somit in den Fokus der Öffentlichkeit. Besonderes Augenmerk liegt auf der Umsetzung des angekündigten Gewaltverzichts, nachdem ein „Panorama“-Bericht der ARD über vergangene gewalttätige Übergriffe bundesweit für Empörung sorgte. Der Verein „Borkumer Jungens von 1830“, dessen Mitglieder ausschließlich männliche Inselbewohner ab 16 Jahren sein dürfen, reagierte darauf mit der Abschaffung des Schlagens als Teil des Brauchtums.
Borkums Bürgermeister Jürgen Akkermann (parteilos) setzt auf die Zusage des Vereins und betont die eindeutige Botschaft an die Mitglieder, wie dpa berichtet. „Das ist verboten und das ist dieses Mal noch eindringlicher gemacht worden“, so Akkermann. Um die Sicherheit der Besucher zu gewährleisten, hat die Stadt Borkum eine spezielle Telefonnummer und Rückzugsräume für Frauen eingerichtet, die im Falle von gefährlichen oder unangenehmen Situationen Hilfe benötigen. Auch die Polizeipräsenz wird verstärkt. Niedersachsens Innenministerin Behrens (SPD) kündigte eine deutlich höhere Polizeipräsenz als in den Vorjahren an, damit ein friedliches Feiern ohne Angst vor Gewalt möglich ist.
Das Klaasohm-Fest beginnt am Nachmittag mit einem symbolischen Kampf der als „Klaasohms“ verkleideten jungen, unverheirateten Männer in einer Halle unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Die Verkleidung besteht aus Masken, Schafsfellen und Vogelfedern. Begleitet werden die mit Kuhhörnern ausgestatteten Klaasohms von der „Wievke“, einem als Frau verkleideten Mann. Im Anschluss ziehen die Klaasohms lautstark auf festgelegten Wegen durch die Stadt. Der bisher übliche Brauch, Frauen mit den Kuhhörnern zu schlagen, soll in diesem Jahr entfallen. Den Höhepunkt des Festes bildet am Abend der Sprung der Klaasohms von einer meterhohen Säule in die Menschenmenge auf einem zentralen Platz. Anschließend wird die Nacht hindurch gefeiert.
Die Historikerin Katharina Hoffmann von der Universität Oldenburg, die unter anderem 2020 zum Thema Klaasohm geforscht hat, begrüßt die Abschaffung des Schlagens, sieht aber weiterhin Diskussionsbedarf. Gegenüber dpa äußerte sie, dass der Brauch auch ohne das Schlagen problematisch bleibe, da er ein gewaltverherrlichendes Bild von Männlichkeit und eine binäre Geschlechtervorstellung transportiere. Sie plädiert für eine Diskussion über die weitere Reformierung und eine inklusivere Gestaltung des Festes.
Das Klaasohm-Fest ist kein isoliertes Männerritual in Deutschland. Die Installation „Männerfeste - Moderne Bräuche in Deutschland“ im Museum für Kunst & Gewerbe in Hamburg analysierte verschiedene dieser Rituale und zeigte, wie sich frauenexkludierende Männerbünde in traditionellen Bräuchen manifestieren. Ähnliche Bräuche wie das Klausentreiben im Allgäu oder die Krampusläufe in Österreich und Oberbayern, bei denen ebenfalls maskierte Männer in Fellkostümen auftreten, verdeutlichen die anhaltende Relevanz des Themas männlicher Rituale und ihrer Rolle in der Gesellschaft.
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