19.10.2024
Kürzungen bei der Übersetzungsförderung: Auswirkungen auf Kultur und Vielfalt in Deutschland

Einschnitte: Das Staatsministerium für Kultur kappt die Übersetzungsförderung

Das Staatsministerium für Kultur unter der Leitung von Claudia Roth plant, die Fördermittel für den Deutschen Übersetzerfonds drastisch um etwa 30 Prozent zu kürzen. Diese Entscheidung hat in der literarischen und kulturellen Gemeinschaft Besorgnis ausgelöst, da sie potenziell katastrophale Auswirkungen auf die Übersetzungsbranche und die kulturelle Vielfalt in Deutschland haben könnte.

Die Übersetzungsförderung spielt eine entscheidende Rolle in der Verbreitung und Zugänglichkeit literarischer Werke aus verschiedenen Kulturen. Sie ermöglicht es, internationale Literatur ins Deutsche zu bringen und umgekehrt, was für den interkulturellen Austausch von großer Bedeutung ist. Übersetzer fungieren nicht nur als Sprachmittler, sondern auch als kulturelle Brückenbauer, die es Lesern ermöglichen, in die Gedankenwelt anderer Kulturen einzutauchen.

Ein Beispiel für die Herausforderungen, mit denen Übersetzer konfrontiert sind, ist die Geschichte eines spanischen Übersetzers, der für die Übersetzung eines 500 Seiten umfassenden deutschen Sachbuchs, das in Deutschland als Bestseller gilt, lediglich 5000 Euro Honorar erhielt. Diese Summe steht in keinem Verhältnis zu dem Zeitaufwand von neun Monaten, den er für die Übersetzung benötigte. Solche Erfahrungen sind in der Branche weit verbreitet und verdeutlichen die prekären finanziellen Bedingungen, unter denen viele Übersetzer arbeiten müssen.

Die geplante Kürzung der Fördermittel könnte dazu führen, dass viele Übersetzer und Verlage ihre Projekte nicht mehr realisieren können. Dies würde nicht nur die Vielfalt der Literatur in Deutschland gefährden, sondern auch die Möglichkeit, neue Stimmen und Perspektiven aus anderen Ländern zu entdecken und zu fördern. Die Übersetzungsförderung ist ein wichtiges Instrument, um die kulturelle Offenheit und den Austausch zwischen den Nationen zu unterstützen.

Die Reaktionen auf die angekündigten Einschnitte sind gemischt. Während einige Vertreter der Kulturpolitik die Notwendigkeit von Haushaltskürzungen in Zeiten finanzieller Engpässe betonen, warnen andere vor den langfristigen Folgen für die kulturelle Landschaft Deutschlands. Die Kürzungen könnten nicht nur die Existenz vieler Übersetzer gefährden, sondern auch die gesamte literarische Infrastruktur, die auf Übersetzungen angewiesen ist, ernsthaft beeinträchtigen.

In einem weiteren Kontext wird die Bedeutung der Übersetzungsförderung auch durch die Rolle der Europäischen Union unterstrichen, die verschiedene Programme zur Unterstützung der Übersetzung literarischer Werke ins Leben gerufen hat. Diese Programme zielen darauf ab, den Austausch zwischen den europäischen Kulturen zu fördern und die Sichtbarkeit weniger verbreiteter Sprachen zu erhöhen. Die EU stellt Mittel zur Verfügung, um die Übersetzung und Verbreitung europäischer Literatur zu unterstützen, was die Notwendigkeit unterstreicht, auch auf nationaler Ebene in die Übersetzungsförderung zu investieren.

Die Diskussion über die Kürzungen im Deutschen Übersetzerfonds ist Teil einer größeren Debatte über die Kulturförderung in Deutschland. In den letzten Jahren gab es immer wieder Forderungen nach einer stärkeren Unterstützung für die Kultur- und Kreativwirtschaft, insbesondere in Zeiten der Digitalisierung und der globalen Herausforderungen. Die Kulturstaatsministerin hat in der Vergangenheit betont, dass die Förderung der Kultur eine zentrale Aufgabe des Staates ist, und es bleibt abzuwarten, wie sich diese Position angesichts der aktuellen Einschnitte entwickeln wird.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die geplanten Kürzungen im Bereich der Übersetzungsförderung nicht nur die wirtschaftliche Existenz vieler Übersetzer gefährden, sondern auch die kulturelle Vielfalt und den interkulturellen Austausch in Deutschland erheblich beeinträchtigen könnten. Die kommenden Monate werden entscheidend sein, um zu beobachten, wie sich die Situation entwickelt und ob es möglicherweise zu einer Umkehr der Kürzungspläne kommt.

Die kulturelle Landschaft Deutschlands ist auf die Vielfalt und den Austausch angewiesen, und die Übersetzungsförderung spielt dabei eine zentrale Rolle. Ein Rückgang der Fördermittel könnte langfristige negative Folgen für die gesamte Kultur- und Kreativwirtschaft haben.

Quellen: Frankfurter Allgemeine Zeitung

Weitere
Artikel