14.11.2024
Machtkampf und Krise in der Türkei
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Die politische Landschaft der Türkei ist geprägt von einem Machtkampf, der sich zunehmend verschärft. Wie Bülent Mumay in seinem „Brief aus Istanbul“ in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) vom 14.11.2024 beschreibt, setzt Präsident Erdoğan auf harte Maßnahmen gegen seine Gegner, insbesondere gegen die kurdische Bevölkerung. Die wirtschaftliche Lage des Landes ist angespannt, die Armut wächst. Mumay zitiert alarmierende Zahlen: Die Insolvenzen haben sich verdoppelt, notleidende Kredite sind um 50 Prozent gestiegen und 2,5 Millionen Gewerbetreibende sind bankrott. Die OECD bestätigt die zunehmende Armut in der Türkei, und erschreckenderweise hungert jeder fünfte Schüler mindestens einmal pro Woche. Die Arbeitslosigkeit liegt laut Mumay bei über 25 Prozent.

In diesem Klima der Unsicherheit und Not festigt Erdoğan seine Macht. Die Ernennung von Akın Gürlek zum Oberstaatsanwalt von Istanbul im Oktober wird von der Opposition als Zeichen für ein noch härteres Vorgehen gewertet. Gürlek, in oppositionellen Kreisen als „mobile Guillotine“ bekannt, hat bereits in der Vergangenheit Politiker und Aktivisten mit juristischen Mitteln ausgeschaltet. So wurde der kurdische Politiker Selahattin Demirtaş inhaftiert und mit einem Politikverbot belegt. Auch die CHP-Vorsitzende Canan Kaftancıoğlu und der Menschenrechtler Osman Kavala wurden Opfer von Gürleks Vorgehen. Die FAZ berichtet, dass auch Akademiker und Journalisten, die Kritik an der Regierung geäußert hatten, von Gürlek verfolgt wurden.

Ein besonders drastischer Fall ist die Verhaftung des Istanbuler Bürgermeisters Ahmet Özer, wie Mumay in der FAZ berichtet. Özer, ein CHP-Politiker, wurde nur sieben Monate nach seiner Wahl wegen angeblicher Verbindungen zu einer Terrororganisation verhaftet. Der Vorwurf wiegt schwer, insbesondere da Özer zuvor als Soziologe und Rektor staatlicher Universitäten tätig war. Sein Bezirk Esenyurt, der drittgrößte Istanbuls mit einem hohen kurdischen Bevölkerungsanteil, wird nun von einem von Erdoğan eingesetzten Zwangsverwalter regiert. Mumay sieht in dieser Aktion einen Versuch, die CHP zu diskreditieren und gleichzeitig Erdoğans stärksten politischen Rivalen, den Istanbuler Oberbürgermeister Ekrem Imamoğlu, zu schwächen. Özer war zuvor zehn Jahre lang Berater von Imamoğlu, und die Regierung versucht nun, diese Verbindung zu nutzen, um auch gegen Imamoğlu ein Politikverbot zu erwirken.

Die Kurdenfrage spielt eine zentrale Rolle in Erdoğans Machtkalkül. Der Vorschlag seines Koalitionspartners Devlet Bahçeli, den inhaftierten PKK-Chef Abdullah Öcalan freizulassen, wird von vielen als Versuch gewertet, die kurdische HDP-Partei für Erdoğan zu gewinnen. Die CHP lehnt diesen Vorstoß ab. Erdoğans Wiederwahl 2028 scheint unsicher, und die Stimmen der HDP könnten entscheidend sein. Um die Verhandlungen mit Öcalan zu beschleunigen, wurden ihm nach dreijähriger Isolation erstmals Familienbesuche gestattet. Gleichzeitig wurden jedoch drei kurdische Bürgermeister abgesetzt, einer davon inhaftiert. Dies deutet darauf hin, dass die Verhandlungen mit Öcalan nicht wie gewünscht verlaufen sind. Ahmet Türk, einer der abgesetzten Bürgermeister, äußerte gegenüber der FAZ die Vermutung, dass die Absetzungen eine Reaktion auf den fehlenden Erfolg der Verhandlungen seien.

Die Situation in der Türkei bleibt angespannt. Erdoğans Machterhalt scheint oberste Priorität zu haben, und er schreckt nicht vor harten Maßnahmen gegen seine Gegner zurück. Die wirtschaftliche Lage und die Unterdrückung der kurdischen Bevölkerung tragen zusätzlich zur Instabilität bei.

Quellen:

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