19.10.2024
Neuartige Behandlungsmethoden bei Endometriose in Gießen
Endometriose: Gießener Ärzte helfen Frauen mit Neurostimulation

Endometriose: Gießener Ärzte helfen Frauen mit Neurostimulation

Die Endometriose ist eine chronische Erkrankung, die viele Frauen weltweit betrifft und oft mit extremen Schmerzen während der Menstruation einhergeht. Diese Erkrankung tritt auf, wenn Gewebe, das der Gebärmutterschleimhaut ähnelt, außerhalb der Gebärmutter, beispielsweise im Bauchraum, an den Eierstöcken oder an anderen Organen, wächst. Diese Gewebeteile bleiben aktiv und können Entzündungen und Verwachsungen verursachen, was zu einer Vielzahl von Symptomen führt, die den Alltag der betroffenen Frauen erheblich beeinträchtigen können.

In Deutschland sind schätzungsweise zehn bis 15 Prozent aller Frauen von Endometriose betroffen. Die Diagnose dauert häufig mehrere Jahre, da die Symptome oft nicht eindeutig sind und zunächst mit normalen Menstruationsbeschwerden verwechselt werden. Zu den typischen Symptomen gehören starke, langanhaltende Schmerzen während der Regelblutung, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr sowie beim Wasserlassen und Stuhlgang. Darüber hinaus kann die Erkrankung auch zu Unfruchtbarkeit führen.

Eine innovative Behandlungsoption

Am Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM) haben die Neurochirurgin Prof. Malgorzata Kolodziej und der Gynäkologe Prof. Ivo Meinhold-Heerlein eine neuartige Behandlungsmethode entwickelt, die Frauen mit chronischen Schmerzen aufgrund von Endometriose helfen soll. Dieses Verfahren, das auf der Neurostimulation basiert, ist weltweit einzigartig und bietet Hoffnung für Patientinnen, die unter starken Schmerzen leiden und bisherige Behandlungsmöglichkeiten nicht ausreichend geholfen haben.

Die Methode beinhaltet das Einsetzen einer Elektrode auf den Plexus sacralis, einem Nervenstrang, der im unteren Rückenbereich verläuft. Durch diese Elektrode werden elektrische Impulse an die Nerven gesendet, die das Schmerzempfinden der Patientinnen signifikant verringern können. Diese Behandlungsmöglichkeit ist besonders für Frauen geeignet, die bereits alle anderen Therapieansätze, wie Schmerzmittel oder operative Eingriffe, ausgeschöpft haben.

Besonderheiten der Neurostimulation

Die Neurostimulation zur Behandlung von Endometriose zeichnet sich durch mehrere Besonderheiten aus:

- Die Behandlung zielt nicht nur darauf ab, die Schmerzen zu reduzieren, sondern auch funktionelle Störungen des Verdauungstrakts zu beheben, die häufig mit Endometriose einhergehen. - Die enge Zusammenarbeit zwischen den Fachbereichen Gynäkologie und Neurochirurgie hat zur Gründung des neuen Fachgebiets der Neuropelveologie geführt, das sich mit den Nerven im Beckenbereich beschäftigt. - Während der Operation wird ein Neuromonitoring durchgeführt, das es ermöglicht, die Nerven während des Eingriffs zu überwachen und sicherzustellen, dass die Elektrode präzise platziert wird.

Erste Erfolge der Behandlung

Bislang wurden am UKGM bereits 27 Patientinnen mit dieser Methode behandelt. Die bisherigen Ergebnisse sind vielversprechend: Bei allen Patientinnen konnte eine deutliche Verbesserung der Symptome festgestellt werden. Viele berichteten von einer Schmerzlinderung um mindestens 70 Prozent und einem signifikanten Anstieg der Lebensqualität. Besonders bemerkenswert ist, dass etwa 40 Prozent der Patientinnen in der Lage waren, ihre Schmerzmittel vollständig abzusetzen.

Eine gesellschaftliche Herausforderung

Trotz der Fortschritte in der Behandlung von Endometriose bleibt die Krankheit ein weitgehend tabuisiertes Thema in der Gesellschaft. Viele Frauen fühlen sich durch die Symptome stigmatisiert und haben oft Schwierigkeiten, offen über ihre Beschwerden zu sprechen. Dies kann dazu führen, dass sie lange Zeit keine adäquate medizinische Hilfe erhalten. Die Gießener Ärzte setzen sich daher nicht nur für die medizinische Behandlung ein, sondern auch dafür, das Bewusstsein für Endometriose zu schärfen und das Stigma zu reduzieren, das viele betroffene Frauen empfinden.

Schlussfolgerung

Die Zusammenarbeit zwischen der Gynäkologie und der Neurochirurgie am Universitätsklinikum Gießen und Marburg stellt einen bedeutenden Fortschritt in der Behandlung von Endometriose dar. Die innovative Methode der Neurostimulation könnte vielen Frauen, die unter chronischen Schmerzen leiden, eine neue Hoffnung bieten. Während die medizinische Forschung weiterhin an der Verbesserung der Diagnose und Behandlung dieser Volkskrankheit arbeitet, ist es ebenso wichtig, das Bewusstsein für Endometriose in der Gesellschaft zu fördern, um betroffenen Frauen zu helfen, die Unterstützung zu finden, die sie benötigen.

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