September 27, 2024
Neustrukturierung der Justiz in Schleswig-Holstein: Ein Schritt in die Zukunft oder ein Fehler?

Gerichtsschließungen in Schleswig-Holstein: Sparkurs oder notwendige Reform?

Die geplante Gerichtsreform in Schleswig-Holstein sorgt für heftige Debatten. Justizministerin Kerstin von der Decken (CDU) verteidigt die Pläne der schwarz-grünen Koalition, während die Opposition massive Kritik übt.

Im Kern geht es um die Zusammenlegung und Schließung mehrerer Gerichte im Land. Konkret sollen die vier Sozialgerichte in Itzehoe, Kiel, Lübeck und Schleswig sowie die fünf Arbeitsgerichte in Elmshorn, Flensburg, Kiel, Lübeck und Neumünster an einem zentralen Fachzentrum zusammengeführt werden. Als möglicher Standort ist Neumünster im Gespräch.

Als Vorbild für die Neustrukturierung dient die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Angedacht ist, jeweils ein Arbeits- und ein Sozialgericht erster Instanz sowie jeweils eine zweite Instanz mit gemeinsamer Verwaltung an einem Standort zu etablieren. Darüber hinaus wird diskutiert, die Zahl der Amtsgerichte von derzeit 22 auf jeweils eines pro Kreis und kreisfreier Stadt zu reduzieren. Ein entsprechendes Konzept soll bis Ende 2025 vorliegen. Um die Erreichbarkeit der Justiz auch weiterhin zu gewährleisten, sind Gerichtstage an anderen Standorten geplant.

Die Justizministerin begründet die Reform mit der angespannten Finanzlage des Landes. „In einer idealen Welt würde man bei der Justiz nicht sparen. Wir sind allerdings nicht in einer idealen Welt“, erklärte von der Decken im Landtag. „Die mit der Reform einhergehenden Einsparungen belaufen sich bis 2040 – nach Abzug der erforderlichen Investitionen – nach derzeitiger Prognose auf rund 63 Millionen Euro.“ Wie „Die Zeit“ berichtete, rechtfertigte von der Decken die Zusammenlegung der Gerichte im Parlament zudem mit dem erheblichen Sanierungsstau bei den Gerichtsgebäuden sowie der geringen Mitarbeiterzahl einiger Standorte.

Die Oppositionsparteien SPD, FDP und SSW reagierten mit Empörung auf den Vorstoß der Regierung. „Hunderte von Richterinnen und Richtern und Justizbeschäftigte werden vor den Kopf gestoßen“, kritisierte der SPD-Justizpolitiker Marc Timmer. „Sie verspielen gerade Vertrauen. Vertrauen, das eigentlich ihr Staatssekretär schon aufgebraucht hatte.“

Auch der FDP-Justizpolitiker Bernd Buchholz zeigte sich „fassungslos“. Er bemängelte das Vorgehen der Regierung und warf ihr vor, Entscheidungen über die Köpfe der Betroffenen hinweg zu treffen. „So geht man mit Beschäftigten nicht um.“

SSW-Fraktionschef Lars Harms betonte, die geplante Reform sei „nicht alternativlos“. Die Entscheidung liege letztlich beim Parlament. Grundsätzlich sei aber auch die Justiz offen für Veränderungen.

Der Richterverband warf der Koalition „Gutsherrenart“ vor und kritisierte, dass mehrere Hundert Beschäftigte unangekündigt und ohne jeglichen Dialog quer durchs Land versetzt werden sollen.

Die Gerichtsreform wird die politische Landschaft in Schleswig-Holstein weiter beschäftigen. Es bleibt abzuwarten, ob die Regierung an ihren Plänen festhält und wie die Diskussion im Parlament ausgeht.

Quellen:

  • https://www.zeit.de/news/2024-09-27/justizministerin-verteidigt-umstrittene-gerichtsreform
Weitere
Artikel