19.10.2024
Proteste in Frankreich gegen die Ernennung von Michel Barnier als Premierminister

Demonstrationen in Frankreich gegen neuen Premierminister Michel Barnier

In Frankreich haben am Samstag, dem 7. September 2024, Tausende Menschen gegen die Ernennung des konservativen Politikers Michel Barnier zum Premierminister protestiert. Diese Proteste wurden hauptsächlich von der extrem-linken Partei La France Insoumise (LFI) organisiert, die unzufrieden darüber ist, dass Präsident Emmanuel Macron das linke Lager trotz dessen Sieg bei der Parlamentswahl nicht mit der Regierungsbildung beauftragt hat. Stattdessen ernannte Macron Barnier, einen Vertreter der konservativen Républicains.

Die Behörden schätzten, dass landesweit etwa 15.000 Demonstranten in über 100 Städten auf die Straße gingen, darunter große Städte wie Bordeaux, Paris, Nizza, Marseille und Nantes. Diese Demonstrationen sind ein Ausdruck der Wut und Enttäuschung vieler Bürger, die sich von der aktuellen politischen Führung ignoriert fühlen.

Politische Hintergründe

Die vorangegangene Parlamentswahl, die vor knapp zwei Monaten stattfand, brachte das Linksbündnis als Sieger hervor, gefolgt von Macrons Mitte-Lager und dem rechtsnationalen Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen, das den dritten Platz belegte. Obwohl das Linksbündnis die meisten Stimmen erhielt, konnte es keine absolute Mehrheit erringen, was die politische Situation in Frankreich kompliziert macht. In den letzten Wochen war es den Parteien nicht gelungen, eine regierungsfähige Koalition zu bilden, was die Ernennung von Barnier umso umstrittener macht.

Die Linke betrachtet Barnier als einen Regierungschef, der von Le Pens Gnaden agiert. Sie werfen Macron vor, einen „Staatsstreich“ gegen die demokratische Wahl getroffen zu haben. Barnier selbst hat in seiner ersten Ansprache nach der Ernennung erklärt, dass er bereit sei, Minister aus allen politischen Lagern in seine Regierung zu holen, einschließlich der Linken. Dies wird von vielen als unzureichend angesehen, da die Linke eine stärkere Vertretung in der Regierung fordert.

Die Reaktionen der Demonstrierenden

Die Wut der Demonstrierenden richtete sich nicht nur gegen Barnier, sondern auch gegen Präsident Macron. Auf den Plakaten der Protestierenden waren Slogans wie „Rücktritt von Macron - Verrat“ zu sehen. Eine der Demonstrantinnen, Manon Bonijol, äußerte in Paris: „Die Fünfte Republik bricht zusammen. Zu wählen ist sinnlos, so lange Macron an der Macht ist.“ Diese Aussagen spiegeln das Gefühl vieler Bürger wider, dass ihre Stimmen und Meinungen in der aktuellen politischen Landschaft nicht gehört werden.

Die Demonstrationen fanden in einer Zeit statt, in der Frankreich mit einer Vielzahl von Herausforderungen konfrontiert ist, darunter soziale Ungleichheit, wirtschaftliche Unsicherheit und ein zunehmendes Misstrauen gegenüber der politischen Elite. Die LFI und andere linke Gruppen haben angekündigt, dass sie eine „mächtige Mobilisierung“ gegen die neue Regierung planen, um ihre Forderungen nach einer gerechteren und inklusiveren Politik zu unterstützen.

Die politische Zukunft unter Barnier

Michel Barnier, der als erfahrener Politiker gilt und zuvor als EU-Kommissar für den Brexit verantwortlich war, steht vor der Herausforderung, eine stabile Regierung zu bilden und die Unterstützung des Parlaments zu gewinnen. Er wird auch unter dem Druck stehen, die unpopulären Reformen von Macron, wie die Erhöhung des Renteneintrittsalters, zu verteidigen. Barnier hat bereits angekündigt, dass er bereit ist, diese Reformen zu unterstützen, was bei den Demonstrierenden auf Widerstand stößt.

Die politische Landschaft in Frankreich bleibt angespannt, und viele fragen sich, ob Barnier in der Lage sein wird, eine Mehrheit im Parlament zu finden, insbesondere angesichts der Tatsache, dass die LFI und der RN zusammen eine Mehrheit bilden könnten, wenn sie sich zusammenschließen. Die kommenden Wochen und Monate werden entscheidend sein für die politische Stabilität Frankreichs und die Fähigkeit der neuen Regierung, auf die Bedürfnisse und Forderungen der Bürger zu reagieren.

Fazit

Die Demonstrationen gegen die Ernennung von Michel Barnier sind ein deutliches Zeichen für die Unzufriedenheit vieler Franzosen mit der aktuellen politischen Führung. Die Proteste spiegeln nicht nur die Enttäuschung über die Ernennung eines konservativen Premierministers wider, sondern auch das Gefühl, dass die Stimmen der Wähler bei der Regierungsbildung ignoriert wurden. Die politische Situation in Frankreich bleibt angespannt, und es bleibt abzuwarten, wie die neue Regierung auf die Herausforderungen reagieren wird, die vor ihr liegen.

Quellen: FAZ, Spiegel, Zeit, SRF, taz.

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