Am Freitag muss sich eine Mutter vor dem Amtsgericht Wismar verantworten, weil sie ihren Sohn über einen längeren Zeitraum der Schulpflicht entzogen haben soll. Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet, liegen neben der Anklage der Staatsanwaltschaft bereits zwei Strafbefehle gegen die Frau vor. Der Junge, der eigentlich die siebte Klasse in Grevesmühlen besuchen sollte, fehlt der Schule seit Jahren, wie ZEIT ONLINE berichtet.
Das zuständige Jugendamt ist seit längerem mit dem Fall befasst. Laut Angaben des Landkreises scheiterten Versuche der Polizei, den Jungen zur Schule zu bringen, daran, dass die Beamten die Wohnung der Familie nicht betreten durften. Die Schweriner Bildungsministerin Simone Oldenburg (Linke) bezeichnete den Fall als "ganz schreckliche Situation für das Kind" und betonte, dass die Mutter wiederholt nicht auf Kontaktversuche der Schule reagiert habe. Das Staatliche Schulamt Schwerin hat mehrfach Anzeige wegen Kindeswohlgefährdung erstattet, wie dpa Mecklenburg-Vorpommern meldet.
Die ARAG Experten weisen darauf hin, dass Eltern die Aufsichtspflicht auf Dritte übertragen können, beispielsweise durch einen Vertrag mit einer Kita oder Schule. Auch eine mündliche Vereinbarung, wie etwa mit den Großeltern, ist möglich. Allerdings darf die Aufsichtspflicht nicht weiter delegiert werden, außer es handelt sich um eine Institution, die per Vertrag damit betraut wurde.
Wie "Kindergarten heute" erläutert, ist die Aufsichtspflicht in Kindergärten Teil der Personensorge und wird vom Träger auf die Erzieherinnen und Erzieher übertragen. Dabei müssen diese die besonderen Umstände der jeweiligen Situation berücksichtigen, wie das Alter und den Entwicklungsstand des Kindes, die Art der Tätigkeit und die räumlichen Gegebenheiten.
Der Fall in Wismar wirft Fragen nach dem Umfang der elterlichen Aufsichtspflicht und den Möglichkeiten des staatlichen Eingreifens auf. Wie ALLRECHT erläutert, umfasst die Aufsichtspflicht die Pflicht, das Kind zu pflegen, zu erziehen und zu beaufsichtigen. Eine Verletzung der Aufsichtspflicht liegt vor, wenn die aufsichtspflichtige Person ihrer Pflicht nachweislich nicht nachkommt und dadurch ein Schaden entsteht. Bis zum Alter von sieben Jahren haften Kinder jedoch nicht für verursachte Schäden.