Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) fordert eine zügige Senkung der Stromkosten für Unternehmen noch vor der Bundestagswahl im Februar 2025. Wie die F.A.Z. berichtet, plädierte er auf der Konferenz des „Bündnis Zukunft der Industrie“ in Berlin für einen Nachtragshaushalt, um die Netzentgelte stärker zu subventionieren. Die frei gewordenen Mittel aus dem Klima- und Transformationsfonds, die ursprünglich für den Bau der Intel-Fabrik in Magdeburg vorgesehen waren, könnten hierfür genutzt werden. Habeck unterstrich die Dringlichkeit des Themas und die Notwendigkeit, den Unternehmen eine „verlässliche Perspektive“ zu bieten. Er räumte zudem ein, dass die bisherigen Maßnahmen der Ampelkoalition nicht ausreichend gewesen seien und nach dem russischen Angriff auf die Ukraine ein umfassenderes Konjunkturpaket nötig gewesen wäre.
Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und die IG Metall sprechen sich für eine sofortige und deutliche staatliche Unterstützung aus, um international wettbewerbsfähige Strompreise zu sichern. BDI-Präsident Siegfried Russwurm, zitiert von der F.A.Z., forderte einen „signifikanten staatlichen Zuschuss“ sowie verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten und eine höhere steuerliche Forschungsförderung. Jürgen Kerner, Zweiter Vorsitzender der IG Metall, appellierte an die CDU/CSU, Verantwortung zu übernehmen und die notwendigen Entlastungen für die Unternehmen mitzutragen.
Die Union lehnt eine Kooperation mit der geschäftsführenden Regierung jedoch ab. Jens Spahn, stellvertretender Unionsfraktionsvorsitzender, erklärte gegenüber der F.A.Z., die Ampel habe dem Wirtschaftsstandort Deutschland geschadet und die Union werde die „hektische Torschlusspanik“ der Restregierung nicht unterstützen. Julia Klöckner, wirtschaftspolitische Sprecherin der Union, kritisierte die ihrer Ansicht nach „ergebnislosen Gipfel“ der Regierung zur Inflationsbekämpfung.
Habeck plant, die Netzentgelte, welche den Ausbau der Erneuerbaren Energien und die Netzstabilität finanzieren, mittelfristig zu halbieren. Der für 2024 geplante Zuschuss von über fünf Milliarden Euro musste nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts gestrichen werden. Wie t-online berichtet, will Habeck kurzfristig für 2025 einen Zuschuss zahlen, um die Übertragungsnetzentgelte zu begrenzen. Er strebt zudem eine Ausweitung der Strompreiskompensation für energieintensive Unternehmen an. Die Finanzierung des Zuschusses für 2025 soll aus dem Haushalt erfolgen, die mittelfristige Senkung der Netzentgelte möglicherweise aus dem von Habeck vorgeschlagenen „Deutschlandfonds“. Langfristig plant Habeck, wie die Tagesschau berichtet, eine grundlegende Reform des Strommarktes, um die Preise für Verbraucher zu senken und die Vorteile der günstigen Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien stärker an Verbraucher und Industrie weiterzugeben.
Moritz Schularick, Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), unterstützt Habecks Forderung nach einer höheren Kreditaufnahme. Er verwies auf die sinkende Automobilproduktion in Deutschland und den „zweiten China-Schock“, demzufolge Deutschland erstmals mehr nach Polen als nach China exportiert habe. Schularick betonte, dass die Energiekosten nicht in allen Branchen das Hauptproblem seien. Im Maschinenbau sei die Fachkräftefrage wichtiger. Er kritisierte, dass Deutschland im Gegensatz zu den USA versuche, den Strukturwandel aufzuhalten.
Die Union plant laut tz, die Einnahmen aus der CO₂-Steuer zur Senkung der Energiekosten und für ein Klimageld zu nutzen. Es ist jedoch fraglich, ob die Mittel im Klima- und Transformationsfonds (KTF) für beide Maßnahmen ausreichen. Jens Spahn (CDU) will die Stromsteuer und die Netzentgelte senken, was zwölf Milliarden Euro kosten würde. Der KTF verfügt 2024 über 49 Milliarden Euro und soll 2025 weitere 22,2 Milliarden Euro (laut Finanzplan des Bundes) einnehmen. Da der KTF jedoch bereits für andere Projekte verplant ist, müsste die Union Kürzungen vornehmen, um ein Klimageld zu finanzieren. Eine Abschaffung des Heizungsgesetzes und der Klimaschutzverträge gilt als unwahrscheinlich. Die Union wird sich voraussichtlich zwischen der Senkung der Stromkosten und dem Klimageld entscheiden müssen oder eine Reform der Schuldenbremse anstreben, um Mittel aus dem Kernhaushalt zu verwenden.
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