Immer häufiger bietet sich in Hessen ein ungewöhnliches Bild: Störche, die trotz Kälte und Schnee die Landschaft durchstreifen. Dieses Phänomen, das den gewohnten Rhythmus des Vogelzugs in Frage stellt, wirft Fragen auf und motiviert zu genauerer Untersuchung. Wie die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (F.A.S.) berichtet, ruft der Naturschutzbund Deutschland (NABU) dazu auf, „Winterstörche“ zu melden, um mehr über die Gründe für ihr Überwintern in Deutschland zu erfahren.
Der Weißstorch (Ciconia ciconia), ein vertrauter Anblick in der deutschen Landschaft, ist traditionell ein Langstreckenzieher, der den Winter in Afrika verbringt. Doch dieses Verhalten ändert sich, wie Bernd Petri von der NABU-Bundesarbeitsgruppe Weißstorchschutz gegenüber der F.A.S. erläutert. Immer mehr Störche, die den westlichen Zugweg über das Mittelmeer wählen, bleiben auf der Iberischen Halbinsel. Auch in Deutschland selbst steigt die Zahl der überwinternden Störche. Das Monitoring der NABU-Bundesarbeitsgruppe Weißstorchschutz hat in den letzten Jahren jeweils mehrere hundert Vögel erfasst, die in Deutschland geblieben sind. Besonders Hessen scheint ein beliebter Überwinterungsort zu sein. Wie die F.A.S. berichtet, wurden allein im Hessischen Ried im letzten Winter über 300 Weißstörche beobachtet.
Die Sorge, dass die Störche unter den winterlichen Bedingungen leiden könnten, ist laut Petri unbegründet. Als große Vögel sind Störche gut gegen Kälte isoliert und können Wärme deutlich besser speichern als kleinere Singvögel, die ebenfalls in Deutschland überwintern.
Die Gründe für das veränderte Zugverhalten sind komplex und noch nicht vollständig geklärt. Die Klimakrise spielt vermutlich eine Rolle. Mildere Winter mit weniger Schnee bieten den Störchen, die als Nahrungsopportunisten gelten, auch in Deutschland ausreichend Nahrung. Mäuse, Würmer, kleine Fische und Abfälle auf offenen Mülldeponien stehen auf ihrem Speiseplan. Der Zug in den Süden wird hauptsächlich durch Nahrungsknappheit im Winter ausgelöst, weniger durch die Kälte selbst. Wie Petri gegenüber der F.A.S. ausführt, sparen sich die in Deutschland bleibenden Störche nicht nur den kräftezehrenden Zug, sondern sichern sich auch einen Vorteil bei der Brutplatzwahl. Sie sind früher in den Brutgebieten und können so die besten Nester besetzen. Zusätzlich könnten Zufütterung und Prägungen durch Wiederansiedlungsprogramme das Zugverhalten beeinflussen.
Der NABU hofft, durch die Meldeaktion weitere Erkenntnisse über die überwinternden Störche zu gewinnen. Die gesammelten Daten sollen dazu beitragen, die Tiere besser zu verstehen und ihren Schutz zu verbessern.
Weitere Informationen zum Thema finden Sie unter anderem bei ProSieben, im MDR, den Taunus Nachrichten, dem Marbuch Verlag und dem Landboten.
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