19.10.2024
Ukraine sucht Unterstützung für erweiterte Militärmaßnahmen gegen Russland

Die Lage im Überblick: Ukraine bittet in USA um Schießerlaubnis gegen Russland

Die Ukraine hat ihren wichtigsten Verbündeten, die Vereinigten Staaten, um die Erlaubnis gebeten, weitreichende Waffen gegen Militärziele im russischen Hinterland einzusetzen. Dies geschieht im Kontext der anhaltenden militärischen Auseinandersetzungen zwischen der Ukraine und Russland, die seit dem Beginn des Konflikts im Jahr 2022 andauern. Nach Informationen des Pentagons wird der US-Verteidigungsminister Lloyd Austin heute seinen ukrainischen Kollegen Rustem Umjerow in Washington empfangen. Bei diesem Treffen wird Austin Informationen über die aktuelle Gefechtslage in der Ukraine erhalten, insbesondere über die Situation im russischen Gebiet Kursk, wie die stellvertretende Pentagon-Sprecherin Sabrina Singh berichtete.

Ein Bericht von CNN deutet darauf hin, dass die ukrainische Delegation der US-Regierung auch eine Liste potenzieller Ziele in Russland vorlegen möchte. Ziel ist es, das Weiße Haus davon zu überzeugen, die bestehenden Beschränkungen für Angriffe mit weitreichenden Waffen auf russisches Territorium aufzuheben. Auch Andrij Jermak, der Stabschef von Präsident Wolodymyr Selenskyj, wird an den Gesprächen in Washington teilnehmen. Durch gezielte Angriffe auf russische Befehlsstellen, Flugplätze, Munitionslager und Kasernen könnte die Ukraine in der Lage sein, viele Angriffe bereits im Ansatz abzuwehren. Bislang beschränken die USA den Einsatz ihrer Waffen gegen Russland auf die Abwehr der russischen Offensive in der ostukrainischen Stadt Charkiw.

In der Zwischenzeit hat die Ukraine weiterhin mit den Folgen der jüngsten russischen Luftangriffe zu kämpfen. Aufgrund von Schäden am Energiesystem wurden in vielen Landesteilen die Stromsperren ausgeweitet. Kiew berichtete, dass aufgrund von Spannungsschwankungen im Stromnetz vier Reaktorblöcke temporär abgeschaltet werden mussten. Ein neu gelieferter F-16-Kampfjet der Ukraine stürzte während der Abwehr eines der bisher größten russischen Luftangriffe ab, wobei der in den USA ausgebildete ukrainische Pilot ums Leben kam. In der Nacht zum Freitag kam es erneut zu Angriffen durch russische Kampfdrohnen auf die Ukraine. Über russischem Gebiet berichtete die Luftabwehr Russlands, mehrere ukrainische Drohnen abgeschossen zu haben, jedoch liegen bislang keine Details zu möglichen Schäden oder Verletzten vor.

Ukraine muss vier Reaktoren abschalten

Infolge des schweren russischen Luftangriffs am Montagmorgen wurden im Atomkraftwerk Riwne die Reaktoren 1, 3 und 4 vom Netz genommen, wie die ukrainische Regierung der Internationalen Atomenergie-Behörde (IAEA) in Wien mitteilte. Um die durch die Angriffe verursachten Schäden auszugleichen, wurde die Leistung im AKW Südukraine erhöht. Aufgrund von Spannungsschwankungen im Netz musste am Nachmittag auch der dritte Reaktorblock dieser Anlage abgeschaltet werden. In einem Schreiben an die IAEA wies die ukrainische Regierung darauf hin, dass die Russische Föderation weiterhin absichtlich auf die Energieinfrastruktur der Ukraine ziele. IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi bestätigte die Angaben und äußerte Besorgnis über die zunehmende Verletzlichkeit des ukrainischen Energienetzes. Er kündigte zudem eine weitere Reise in das russisch besetzte AKW Saporischschja an.

Strom für Ukrainer wird noch häufiger abgeklemmt

Als direkte Folge der russischen Angriffe wurden die Stromsperren in der Ukraine erneut erheblich ausgeweitet. Der staatliche Versorger Ukrenergo listete in einer Mitteilung die Hauptstadt Kiew sowie elf weitere Gebiete im Osten und im Zentrum des Landes auf, in denen den Verbrauchern über längere Zeit der Strom abgeschaltet wird. Die zuvor geltenden Pläne für gestaffelte Abschaltungen wurden vorübergehend außer Kraft gesetzt. Für viele Stadtteile in Kiew bedeutet dies, dass es über den Tag verteilt nur etwa 12 Stunden lang Strom gibt. Oft fällt mit dem Strom auch das Wasser aus, was die Lebensbedingungen für die Bevölkerung weiter erschwert. Viele Geschäfte, Restaurants und Banken sind gezwungen, mit Dieselgeneratoren einen Notbetrieb aufrechtzuerhalten. Bereits im Frühjahr hatte Russland viele ukrainische Kraftwerke schwer beschädigt, was die Sorge vor einem extrem schwierigen dritten Kriegswinter verstärkt.

Kiew verliert einen neuen Kampfjet F-16

Ein neuer F-16-Kampfjet der Ukraine ist nach Militärangaben bei der Abwehr eines schweren russischen Luftangriffs abgestürzt. Die erst kürzlich gelieferten Flugzeuge aus US-Produktion haben sich bei diesem Einsatz als äußerst wertvoll erwiesen, indem sie vier russische Lenkraketen abschossen. Während des Weiterflugs zum nächsten Ziel brach der Kontakt zu einem der Jets ab, der anschließend abstürzte, wobei der Pilot ums Leben kam. Nach monatelangem Warten hatte Präsident Selenskyj Anfang August die ersten Maschinen vorgestellt. Laut US-Angaben, die im Wall Street Journal zitiert wurden, handelte es sich um sechs zuvor niederländische Kampfflugzeuge.

In seiner abendlichen Videoansprache am Donnerstag erinnerte Selenskyj an die vielen gefallenen ukrainischen Soldaten. Er betonte, dass Russland 2022 versucht habe, mit einer großangelegten Invasion die Ukrainer zu vernichten, jedoch auf den starken Verteidigungswillen der Ukrainer gestoßen sei. Die Zahl der ukrainischen Soldaten, die seit Beginn des Konflikts im Februar 2022 gefallen sind, wird von der ukrainischen Regierung nicht veröffentlicht. Selenskyj sprach im Februar von 31.000 toten Soldaten, während Experten von einer höheren Zahl ausgehen.

Die aktuelle Lage in der Ukraine bleibt angespannt, während die Regierung weiterhin um Unterstützung von ihren internationalen Partnern wirbt, um die militärischen Herausforderungen zu bewältigen und die Zivilbevölkerung zu schützen.

Quellen: Zeit, Handelsblatt, Augsburger Allgemeine, MT.de

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