5.12.2024
Wahlerfolg: Mehr als nur Beliebtheit

Beliebtheit vor der Bundestagswahl: Ein Erfolgsgarant?

Im politischen Wettstreit spielt Beliebtheit eine wichtige, aber nicht alles entscheidende Rolle. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtete am 5. Dezember 2024, dass weder SPD noch Union mit ihren beliebtesten Kandidaten in den Bundestagswahlkampf 2025 zogen. Olaf Scholz rangierte in Umfragen hinter Boris Pistorius, und Friedrich Merz schnitt schlechter ab als Hendrik Wüst oder Markus Söder. Dies verdeutlicht die komplexe Beziehung zwischen Beliebtheit und Wahlerfolg.

Wie die FAZ Thomas Petersen vom Institut für Demoskopie Allensbach zitiert, beeinflussen neben der Persönlichkeit der Kandidaten auch politische Themen, das allgemeine Umfeld und aktuelle Ereignisse die Wahlentscheidung. Sympathie sei zwar von Vorteil, aber kein Muss. Als Beispiele nennt Petersen erfolgreiche Bundeskanzler wie Konrad Adenauer und Angela Merkel, die eher Respekt als überschwängliche Zuneigung hervorriefen, im Gegensatz zu Willy Brandt, der von seinen Anhängern geradezu "geliebt" wurde.

Der Kommunikationsberater Cornelius Winter, ebenfalls in der FAZ interviewt, schätzt den Einfluss von Sympathie auf die Wahlentscheidung auf "deutlich unter 50 Prozent". Im Wahlkampf gehe es vorrangig darum, den Kandidaten Lösungskompetenz zuzuschreiben. Winter beobachtet einen Wandel in der politischen Kommunikation: Während früher Integrität und Fachkenntnis im Vordergrund standen, zählen heute verstärkt Eigenschaften wie Eindeutigkeit, Stärke und Kompromisslosigkeit. Politiker wie Donald Trump, Javier Milei oder Giorgia Meloni verkörpern diesen Trend.

Winter erwartet, dass sich diese Entwicklung auch im deutschen Wahlkampf widerspiegelt, beispielsweise bei Robert Habeck und Friedrich Merz. Während Habeck auf Sympathie und Integrität setzt, präsentiert sich Merz als "unbequemer Reformer". Merz' wirtschaftlicher Hintergrund und sein Image als erfolgreicher Mann könnten ihm laut Winter eher als Kompetenznachweis dienen denn als Nachteil ausgelegt werden.

Sowohl Petersen als auch Winter betonen die Wichtigkeit von Authentizität. Winter verweist auf Kamala Harris, deren perfektionierte Rhetorik mitunter künstlich wirkte. In seiner Beratungspraxis achtet Winter daher neben den Inhalten auch auf Körpersprache, Mimik, Gestik und die Nutzung verschiedener Medienkanäle.

Die Bedeutung junger Wähler unterstreichen die Ergebnisse der Bundestagswahl 2021, über die tagesschau.de am 27. September 2021 berichtete. Die FDP erzielte mit 23 Prozent ihr bestes Ergebnis bei den Erstwählern. Konstantin Kuhle, innenpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, führte dies auf die Themen Digitalisierung und die Corona-Pandemie zurück. Die FDP habe die Belastungen der jungen Menschen während der Pandemie thematisiert und sich für ihre Freiheitsrechte eingesetzt. Der Politikwissenschaftler Uwe Jun sieht neben Freiheitsrechten und Digitalisierung auch Bildungsgerechtigkeit und Social-Media-Präsenz als Erfolgsfaktoren der FDP bei jungen Wählern.

Der Merkur berichtete am 22. November 2024 über eine Umfrage zur Beliebtheit der Spitzenkandidaten. Boris Pistorius führte mit 2,2 Punkten, gefolgt von Friedrich Merz mit -0,1 und Olaf Scholz mit -0,5 Punkten. Die Umfrage wurde allerdings durchgeführt, bevor Pistorius auf die Kanzlerkandidatur verzichtete.

Das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) analysierte am 30. September 2021 den Erfolg von FDP und Grünen bei Jungwählern. Während die Grünen mit Klimaschutz punkteten, sprach die FDP die junge Generation mit Digitalisierung, Bildung und Freiheit an. Auch die Corona-Politik der FDP und die starke Social-Media-Präsenz, insbesondere von Christian Lindner, trugen zum Erfolg bei.

Die tagesschau berichtete am 26. September 2024 über die Wahlerfolge der AfD bei jungen Wählern. Der Erziehungswissenschaftler Frank Greuel sieht die Gründe in der allgemeinen Krisenstimmung und den einfachen Lösungen, die die AfD anbietet. Die Partei fokussiere sich auf Migration als Wurzel allen Übels und bediene mit maskulinen Bildern traditionelle Geschlechterrollen. Dies finde vor allem bei jungen Männern Anklang.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Beliebtheit zwar ein wichtiger, aber nicht der alleinige Faktor für den Wahlerfolg ist. Themen, Lösungskompetenz, Authentizität und die effektive Ansprache der Wähler spielen ebenfalls eine entscheidende Rolle. Die wachsende Bedeutung von Social Media verändert die politische Landschaft und eröffnet neue Wege der Wähleransprache, insbesondere für die junge Generation.

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