17.10.2024
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Vor zehn Jahren wurden Tausende jesidische Frauen im Nordirak von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) versklavt und ihre Männer ermordet. Nun setzt sich der Schleswig-Holsteinische Landtag geschlossen für ein Aufenthaltsrecht der im Norden lebenden Jesidinnen und Jesiden ein. Wie der SSW-Fraktionschef Lars Harms laut der Deutschen Presse-Agentur (dpa) berichtete, müssten irakische Jesiden in Deutschland neuerdings mit Abschiebung rechnen. „Das ist nicht zumutbar. Hier werden Menschen zehn Jahre nach einem Völkermord ins Land der Täter geschickt.“ Für syrische Mitglieder der jesidischen Gemeinschaft hingegen gäbe es nach wie vor eine hohe Anerkennungsquote.

Der SSW hatte das Thema auf die Agenda des Landtags gebracht, Schwarz-Grün griff die Problematik auf. Die Integrationsministerin Aminata Touré (Grüne) teilte im Parlament mit, sie habe Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) um Unterstützung für eine Landesaufnahmeanordnung für die nachweislich bis zum 16. Oktober in Schleswig-Holstein lebenden Jesidinnen und Jesiden gebeten. „Darüber hinaus werden wir auch auf das Bundesinnenministerium zugehen, denn wir wollen auch einen zeitlich befristeten Abschiebestopp erwirken. Beides können wir als Land nur mit Zustimmung des Bundesinnenministeriums tun.“

Seit zehn Jahren stünden Jesidinnen und Jesiden im Fokus des IS, so Touré. „Sie werden systematisch vertrieben, verfolgt, versklavt und getötet. Auch heute ist es besonders für diese Bevölkerungsgruppe im Irak weiter unsicher.“ Schleswig-Holstein könne einen Abschiebestopp allerdings immer nur für drei Monate aussprechen. „Es geht nicht nur um die Frage, wie und welche Menschen in Schleswig-Holstein Schutz bekommen, sondern auch um die Frage, wie sie Teil unserer Gesellschaft werden können.“

Regierung und Opposition zeigen sich einig

Über den Vorstoß der schwarz-grünen Koalition hinaus forderte die SPD-Fraktionsvorsitzende Serpil Midyatli ein Aufnahmeprogramm für 500 Frauen, Mädchen und vulnerable Gruppen. „Gerade Frauen und Mädchen wird bis heute unvorstellbares Leid angetan.“ Abschiebungen von Jesiden nach Syrien fänden zwar nicht statt, in den Nordirak aber sehr wohl.

Auch der FDP-Innenpolitiker Bernd Buchholz sprach sich für den Antrag aus. Die Menschen seien schon so lange hier, dass sie besser bleiben sollten. Ähnlich wie Midyatli kritisierte er jedoch, dass die von Touré angekündigten Integrationsbemühungen lediglich eine Aufzählung dessen seien, was das Land bereits mache.

Die CDU-Abgeordnete Seyran Papo forderte, den Jesiden nicht nur Schutz, sondern auch Sicherheit vor Abschiebung ins Ungewisse zu geben, sofern sie nicht straffällig geworden seien. „Denn die Bedrohung ist noch nicht vorbei.“

Vizekanzler Habeck unterstützt Vorstoß

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur: „Bei aller Diskussionen über Steuerung und Begrenzung von illegaler Migration: Wir müssen in der Migrationspolitik den Kompass für Menschlichkeit behalten“. Seit Jahren verübe der IS an Jesidinnen und Jesiden einen systematischen Völkermord. „Diejenigen, denen die Flucht nach Deutschland gelungen ist, benötigen unsere feste Schutzzusage.“

„Deshalb unterstütze ich das schwarz-grüne Vorhaben in Schleswig-Holstein für eine Landesaufnahmeanordnung für Jesidinnen und Jesiden ausdrücklich“, so Habeck. Es sei wichtig, für diese Menschen, denen in der Heimat schwerste Verfolgungen bis hin zum Tode drohten, hier einen sicheren Aufenthaltsstatus zu gewährleisten.

Erinnerung an das Aufnahmeprogramm von 2015

Kämpfer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hatten im August 2014 im Nordirak mehr als 10.000 Jesiden im Sindschar-Gebirge eingekesselt. Tausende Frauen und Kinder der religiösen Minderheit waren gefangen genommen und versklavt worden, Tausende Männer wurden getötet.

Daraufhin hatte Baden-Württemberg 2015 ein Aufnahmeprogramm für besonders Schutzbedürftige aus dem Nordirak gestartet und darüber insgesamt mehr als 1.000 von IS-Terroristen bedrohte jesidische Frauen und Kinder in den Südwesten geholt. „Schleswig-Holstein nahm damals 32 von ihnen auf“, sagte Touré.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hatte nach der Vertreibungswelle 2014 eine Gruppenverfolgung angenommen. Nach der weitgehenden Niederlage des IS unter Verlust seiner Territorien Ende 2017 besteht diese Bewertung nach Angaben des Integrationsministeriums aktuell nicht mehr.

Jeder irakische Staatsangehörige, auch jesidischen Glaubens, müsse aktuell individuelle Verfolgung vortragen, um Schutz zu erhalten. Diese Einzelfallprüfungen würden mit einer Aufnahmeanordnung entfallen.

Quellen:

- ZEIT ONLINE - Der Nordschleswiger - Tageblatt - Süddeutsche Zeitung - Ostseewelle - Landtag Sachsen-Anhalt - RP Online - Stern - nds-fluerat.org
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