19.10.2024
Breuninger vor dem Verkauf: Ein Traditionshaus in der Umbruchphase

Möglicher Verkauf: Breuninger schockt die Modewelt

Die Nachricht über den möglichen Verkauf des Stuttgarter Traditionshauses Breuninger hat die Modewelt und den Einzelhandel in Deutschland überrascht. Breuninger, das 1881 gegründet wurde, gilt als eine der führenden Adressen im Modehandel und hat sich in den letzten Jahren als stabiler Akteur in einer Branche etabliert, die von Insolvenzen und Umstrukturierungen geprägt ist. Die Hintergründe des Verkaufsplans sind noch unklar, jedoch zeigen die zahlreichen Interessenten, dass das Unternehmen als zukunftsträchtig angesehen wird.

Überraschende Verkaufspläne

Wie die "Wirtschaftswoche" berichtet, haben die Eigentümerfamilien von Breuninger beschlossen, sowohl das Handelsgeschäft als auch die zugehörigen Immobilien zu verkaufen. Der Verkaufsprozess, intern als "Projekt Keystone" bezeichnet, wurde bereits im Juni 2024 angestoßen. Laut einer Aufstellung der Investmentbank Macquarie gibt es derzeit 31 Interessenten für das Unternehmen. Diese Nachricht hat nicht nur die Branche, sondern auch die Mitarbeiter und Kunden von Breuninger in Aufregung versetzt.

Reaktionen aus der Branche

Die Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbands Baden-Württemberg, Sabine Hagmann, äußerte sich besorgt über die möglichen Auswirkungen des Verkaufs auf die Mitarbeiter und die Branche insgesamt. Sie bezeichnete die Situation als emotionalen Schock, betonte jedoch, dass die Vielzahl der Interessenten ein Zeichen für die Stabilität des stationären Einzelhandels sei. Klaus-Dieter Koch, ein Branchenexperte, war ebenfalls überrascht und verwies darauf, dass Breuninger in einer Zeit, in der viele Wettbewerber Insolvenz anmelden mussten, weiterhin erfolgreich war.

Wer sind die Interessenten?

Zu den potenziellen Käufern zählen sowohl direkte Wettbewerber als auch Finanzinvestoren. Unter den Interessenten sind die spanische Warenhauskette El Corte Inglés und die französische Galeries Lafayette, die hauptsächlich am Handelsgeschäft interessiert sind. Darüber hinaus gibt es auch Fondsgesellschaften aus Frankfurt, die sich für die Immobilien von Breuninger interessieren. Insbesondere die thailändische Central Group und der amerikanische Investor Richard Baker, der kürzlich die Warenhauskette Galeria Kaufhof übernommen hat, scheinen an einer vollständigen Übernahme interessiert zu sein.

Die Eigentümerstruktur von Breuninger

Breuninger wird von zwei Hauptfamilien kontrolliert, die jeweils etwa 40 Prozent der Anteile halten. Die Familie van Agtmael, die unter anderem von Willem van Agtmael geleitet wird, und die Familie Meilicke, die als Testamentsvollstrecker von Heinz Breuninger fungiert, sind die Hauptakteure. Die restlichen 20 Prozent der Anteile liegen bei der Familie Bretschneider/Seidel. Diese Struktur könnte die Verhandlungen über den Verkauf beeinflussen, da die Eigentümerfamilien möglicherweise unterschiedliche Interessen verfolgen.

Erfolgsfaktoren von Breuninger

Trotz der Herausforderungen in der Modebranche hat Breuninger in den letzten Jahren bemerkenswerte Erfolge erzielt. Im Jahr 2023 konnte das Unternehmen seinen Umsatz um 7 Prozent auf etwa 1,5 Milliarden Euro steigern, was eine Verdreifachung seit 2013 darstellt. Der Gewinn des Unternehmens stieg ebenfalls, was auf eine erfolgreiche digitale Transformation und eine starke Kundenbindung hinweist. Experten führen den Erfolg auf die frühzeitige Investition in den Online-Handel zurück, der mittlerweile etwa die Hälfte des Umsatzes ausmacht.

Marktentwicklungen und Herausforderungen

Die Modebranche steht vor erheblichen Herausforderungen, darunter eine hohe Insolvenzrate unter Wettbewerbern. Während im Jahr 2000 noch 35.300 Einzelhandelsunternehmen in der Modebranche existierten, sind es 2022 nur noch 12.700. Breuninger hat es geschafft, sich in diesem schwierigen Umfeld zu behaupten, was die Attraktivität des Unternehmens für potenzielle Käufer erhöht.

Ausblick und Unsicherheiten

Die Unsicherheit über die Zukunft von Breuninger bleibt bestehen. Die Gewerkschaft Verdi äußerte sich optimistisch und sieht vorerst keine Gefahr für die 6.500 Arbeitsplätze in Deutschland. Dennoch sind viele Mitarbeiter besorgt über die möglichen Auswirkungen eines Verkaufs. Die kommenden Monate werden entscheidend sein, da erste Angebote bis Ende Oktober 2024 erwartet werden. Die Reaktionen der Kunden und Mitarbeiter deuten darauf hin, dass Breuninger nicht nur ein Handelsunternehmen, sondern auch ein wichtiger Teil der regionalen Identität ist.

Fazit

Der mögliche Verkauf von Breuninger stellt einen Wendepunkt für das traditionsreiche Unternehmen dar, das sich in einer sich wandelnden Modebranche behauptet hat. Während die Gespräche über den Verkauf im Gange sind, bleibt abzuwarten, wie sich die Situation entwickeln wird und welche Entscheidungen letztendlich getroffen werden. Breuninger könnte, je nach dem, wer das Unternehmen übernimmt, in eine neue Ära eintreten oder in seiner bisherigen Form weiterbestehen.

Quellen: F.A.Z., Wirtschaftswoche, dpa

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