October 3, 2024
Die Zukunft des Streamings im Wandel: Herausforderung und Chance für Netflix und Co.

Fans der bekanntesten Wahl-Pariserin der Welt dürfen sich freuen: „Emily in Paris“ geht in die fünfte Staffel. Das hat der Streamingdienst Netflix gerade bekannt gegeben. Nachdem Marketing-Agentin Emily Cooper in Staffel 4 mit dem attraktiven italienischen Modespross Marcello angebandelt hat, verschlägt es sie im kommenden Jahr nach Rom (der Titel der Serie bleibt trotzdem gleich). Die Verlängerung ist keine Überraschung. Die seichte Liebeskomödie war im August auf Platz 1 der weltweiten Netflix-Charts, 20 Millionen Haushalte schalteten in den ersten vier Tagen ein.

„Emily in Paris“ ist ein Beispiel für den Wandel, den Streamingdienste in den vergangenen Jahren vollzogen haben. Einst gestartet als Revolutionäre, die dem angestaubten Fernsehen mit hochwertigen Eigenproduktionen den Rang ablaufen wollten, gleichen sie heute immer mehr dem, was sie einst ablösen wollten: Fernsehen. Mit all seinen Schwächen.

Als Netflix vor gut zehn Jahren begann, eigene Serien zu produzieren, war das eine Sensation. Formate wie „House of Cards“ oder „Orange is the New Black“ waren hochwertig produziert, die Drehbücher komplex, die Erzählweise neu. Die Streamingdienste setzten auf anspruchsvolle Stoffe, die sich an ein Publikum richteten, das vom klassischen Fernsehen enttäuscht war. Das Konzept ging auf: Millionen Menschen auf der ganzen Welt schlossen Abonnements ab, um die neuen Serienhits zu sehen.

Doch der Erfolg hatte seinen Preis. Die Streamingdienste investierten immer mehr Geld in neue Produktionen, die Konkurrenz wuchs. Um neue Abonnenten zu gewinnen, setzten Netflix, Amazon und Co. auf Masse statt auf Klasse. Die Folge: Die Qualität der Serien und Filme ließ nach. Statt anspruchsvoller Dramen und Komödien dominieren heute seichte Unterhaltungsformate, die vor allem eines wollen: Dem Publikum gefallen.

„Die Streamingdienste sind in eine Falle getappt“, sagt Medienexperte Stefan Niggemeier. „Sie haben geglaubt, dass sie mit immer mehr Inhalten immer mehr Abonnenten gewinnen können. Doch das Gegenteil ist der Fall. Die Zuschauer sind übersättigt.“ Die Folge: Die Abonnenten wandern ab, die Streamingdienste geraten unter Druck. Netflix verlor im vergangenen Jahr erstmals seit langem Abonnenten, der Aktienkurs brach ein. Auch andere Anbieter wie Disney+ oder HBO Max kämpfen mit Problemen.

Um die Krise zu bewältigen, setzen die Streamingdienste nun auf neue Strategien. Netflix hat angekündigt, künftig stärker auf Werbung setzen zu wollen. Auch andere Anbieter dürften diesem Beispiel folgen. Zudem wollen die Streamingdienste ihre Inhalte stärker personalisieren, um die Zuschauer bei der Stange zu halten. Ob das gelingt, ist fraglich. Die Zuschauer sind anspruchsvoll geworden. Sie wollen nicht nur unterhalten, sondern auch gefordert werden.

„Die Streamingdienste müssen wieder zu ihren Wurzeln zurückfinden“, sagt Medienexperte Niggemeier. „Sie müssen wieder mehr Wert auf Qualität legen und dürfen nicht nur auf Masse setzen.“ Ob ihnen das gelingt, wird sich zeigen. Die Zukunft des Streamings ist ungewiss. Fest steht: Der Kampf um die Gunst der Zuschauer hat gerade erst begonnen.

Quelle: https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/warum-netflix-genauso-mittelmaessig-wie-fernsehen-geworden-ist-110011790.html

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